Mit Füßen getreten, verhöhnt und beschmutzt: das Leiden der Zwangsarbeiter

 

Anläßlich revisionistischer Äußerungen aus prominenten Kreisen der deutschen Wirtschaft
über das Leiden sowjetischer und polnischer Zwangsarbeiter im NS-System erklärt der Zug
der Erinnerung:

Foto: Deportation der Juden aus Ioannina per Lastwagen nach Larissa (25. März 1944) und von dort per Bahn nach Auschwitz. (C: Bundesarchiv)

Von über 4 Millionen Staatsbürgern, die aus Osteuropa ins „Reich“ verschleppt wurden, mussten
Hunderttausende Zwangsarbeit in deutschen Industriebetrieben leisten. In Hannover, dem Standort
der Unternehmensfamilie Bahlsen, waren 40 Prozent aller Arbeitskräfte Häftlinge oder
Zwangsarbeiter. Kaserniert in über 500 Lagern der Stadt, diente ihre Arbeit der Aufrechterhaltung
des deutschen Krieges und der Steigerung privater Unternehmensgewinne.


Die in die Nachkriegszeit hinübergeretten deutschen Industrievermögen, an denen Blut und Schweiss
der Zwangsarbeit klebt, sind das Fundament des Aufstiegs der Bundesrepublik Deutschland
zur wohlhabendsten EU-Nation.
Bis heute weigert sich die deutsche Industrie, das Leid der Zwangsarbeiter zu restituieren. Sie
hat Brosamen ihrer Gewinne in einen zweifelhaften Ausgleichsfonds gezahlt (Stiftung EVZ) –
rechtsunverbindlich wegen angeblicher Verjährung und völlig unzureichend. Obwohl die
deutsche Industrie im Europa der EU Milliardengewinne erzielt, darunter in jenen Ländern,
aus denen die Zwangsarbeiter verschleppt wurden, lässt sie die letzten Überlebenden der
Zwangsarbeit leer ausgehen, in Polen ebenso wie in der ehemaligen Sowjetunion, in der
Tschechischen Republik oder in Italien.
Die unbedarften Äußerungen einer geschichtsvergessenen Unternehmenserbin werfen ein
Schlaglicht auf das Selbstverständnis der neuen deutschen Industriegenerationen und auf die
öffentliche Moral.
Statt den Industriemillionären eine bessere Erziehung zu wünschen und
über würdeloses Auftreten deutscher Firmenvertreter zu klagen, führen wir Klage, dass die
Würde der Opfer mit Füssen getreten, ihr Leiden verhöhnt und das oft ärmliche Leben der
allerletzten Zeugen beschmutzt wird.
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Quelle:
www.zug-der-erinnerung.eu