Ostermarschrede von Clemens Ronnefeldt in Bochum am 31.3.2024 Medien im Krieg


Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,
die Veranstalter des heutigen Bochumer Ostermarsches haben mich
gebeten, über das Thema „Medien im Krieg“ zu sprechen.
Im Jahr 2013 schrieb Uwe Krüger seine Promotionsarbeit:
„Medienmacht“ – Eine Dissertation über die Verflechtungen von
Leitmedien, Politik und Wirtschaft.
Dabei hat er u.a. die vier Journalisten Stefan Kornelius (Süddeutsche
Zeitung), Klaus-Dieter Frankenberger (Frankfurter Allgemeine Zeitung),
Michael Stürmer (Die Welt) und Josef Joffe (Die Zeit) und deren
Verflechtungen in transatlantische Netzwerke sowie in die Wirtschaft
untersucht.
Auf Seite 23 schreibt Uwe Krüger:
„Der Rechercheur Hans Leyendecker von der Süddeutschen Zeitung
konstatiert, es gebe ‚immer öfter komplizenhafte Verstrickungen
zwischen Wirtschaftsführern, Politikern, Werbeindustrie und Journalisten‘
(…) Medienwissenschaftler Lutz Hachmeister kommt zu der
Schlussfolgerung, dass sich eine ‚geschlossene Gesellschaft‘
herausgebildet habe.“
Die Verstrickungen zwischen Politik und Leitmedien macht Uwe Krüger
an folgendem Beispiel deutlich:
„Der Wohnzimmerkreis ist der wohl intimste aller Berliner
Hintergrundkreise. Seine Mitgliederzahl ist auf zehn Journalisten
begrenzt; im Rotationsverfahren lädt jeweils eines der Mitglieder einen
Spitzenpolitiker und die anderen Journalisten zu sich nach Hause ein
und bekocht die Runde. (…)
Der Turnus ist monatlich, und die Politiker kommen offenbar gern: ‚ob
Merkel, Steinmeier, Müntefering, Steinbrück, Schäuble und so weiter und
so fort: Sie alle wurden meist mehrmals in den Wohnstuben der
Journalisten bewirtet und lernten ihre Familien kennen.‘ (…)
Den Kreis gegründet hat 1997 Günter Bannas (Ressortleiter Berlin der
Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Anm.: C.R.) selbst zusammen mit
einem ZDF-Korrespondenten, weil ihm ‚die Journalistenkreise, in denen
er verkehrte, zu groß und unübersichtlich wurden‘ (…) (S. 313).
Die Verstrickungen zwischen Leitmedien, Wirtschaft und Politik
verdeutlicht der Autor an folgenden Beispielen:
„Als hoch problematisch erscheinen erstens die direkten Verbindungen
zur Wirtschaft, genauer die Beratertätigkeit von Chefredakteuren und
Herausgebern für gewinnorientierte Konzerne:
Josef Joffe (Die Zeit) als Beirat der HypoVereinsbank sowie Stefan Aust
(Der Spiegel) und Helmut Markwort (Focus) als Beiräte der Deutschen
Telekom AG.
Zweitens muss die Einbindung von Journalisten in eine Organisation der
Bundesregierung kritisch gesehen werden, namentlich Klaus-Dieter
Frankenberger (FAZ), Stefan Kornelius (SZ) und Peter Frey (ZDF) als
Beiräte der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, eines Think Tanks im
Geschäftsbereich des Bundesverteidigungsministeriums.
Der Beirat berät laut Akademie-Satzung das Kuratorium, das wiederum
aus der Bundeskanzlerin sowie den Bundesministern der Verteidigung,
des Inneren, des Auswärtigen, der Finanzen, der Justiz, für Wirtschaft
und für Entwicklungshilfe besteht.
Die drei Journalisten verpflichteten sich somit, jene Bundesregierung zu
beraten, die sie doch eigentlich als Anwälte der Öffentlichkeit kritisieren
und kontrollieren sollen.“ (S. 148).
Der Autor kommt zu folgendem Zwischenfazit:
„Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass sich die deutsche
Politik in einem ‚Korsett von Innen- und Bündnispolitik‘ (…) bzw. einer
unbequemen Sandwich-Position befindet: Von ‚oben‘ macht die Nato mit
der Führungsmacht USA Druck, dass Deutschland bei Kampfeinsätzen
seinen Beitrag leisten solle, auch dann, wenn keine akuten deutschen
Sicherheitsinteressen vorliegen; von ‚unten‘ behindert ein Wahlvolk, das
die Bundeswehr am liebsten als Landesverteidiger und
Katastrophenhelfer sieht.
Hinzu kommt, dass das Grundgesetz (entsprechend dem Zeitgeist der
unmittelbaren Nachkriegszeit) die deutsche Politik auf den Frieden
verpflichtet und ein klassisches, enges Verständnis der Begriffe
‚Sicherheit‘ und ‚Verteidigung‘ aufweist.“ (S. 154f.)
Uwe Krüger schreibt als Fazit:
„Wenn Kritik an der Bundesregierung oder der deutschen Politik geübt
wird, dann aus der Perspektive von USA und Nato, nicht aus einer
militärskeptischen Perspektive.“
Wie unangenehm seine Doktorarbeit für Josef Joffe von „Der Zeit“ war,
zeigte sich an der Sendung „Die Anstalt“ im April 2014, die darauf Bezug
nahm mit einem Schaubild – und die Verstrickungen Joffes offenlegte.
Josef Joffe und auch sein Kollege Jochen Bittner verklagten das ZDF –
und verloren den Rechtsstreit (taz, 10.1.2017).
Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,
ich möchte ein zweites wichtiges Buch im Zusammenhang des Themas
„Medien im Krieg“ vorstellen:
„Die vierte Gewalt“ von Richard David Precht und Harald Welzer
„Die Leitmedien berichten nicht mehr über Politik, sie machen sie. Die
Leitmedien bauschen auf, was in Social Media diskutiert wird und
blenden aus, was ‚Mehrheitsmeinung‘ ist. Und:
Die Macher der Leitmedien orientieren sich nicht an der Realität,
sondern nur an der Meinung ihrer Kolleginnen und Kollegen in anderen
Leitmedien.
Das sind die Zentralthesen von Richard David Precht und Harald Welzer.
‚Man orientiert sich an der wahrscheinlichsten, plausibelsten Auffassung,
die alle teilen können. Und wenn das erst einmal losgegangen ist, dann
einigt man sich darauf. Und dann passiert es sehr schnell, dass
diejenigen, die die Meinung nicht teilen, als Abweichler interpretiert
werden und man das abwehren muss‘, so Harald Welzer.
‚Es wird unglaublich viel Moral darauf verwendet zu zeigen, dass man
gerade die richtige, gute Position hat, und alle anderen falsch liegen oder
sogar problematische Charaktere haben‘, sagt Richard David Precht.
‚Und das ist ein Mechanismus, den wir für bedenklich halten. Denn die
moralische Rigorosität, die mit der Mehrheitsmeinung im Journalismus
einhergeht, die tut sicher dem sozialen Kitt in unserem Land nicht gut.‘“
(1)
Die beiden Autoren sprechen von „Cursor-Journalismus“. In Zeiten, in
denen Printmedien Stellen abbauen, überlegen es sich Journalistinnen zweimal, ob sie von der Mehrheitsmeinung einiger weniger Leitmedien abweichen wollen – mit dem Risiko beruflicher Nachteile. Die Verlagerung vom Print- zum Online-Journalismus hat für Precht und Welzer in Bezug auf Kriegsberichterstattungen einige Nachteile bezüglich der Qualität der Berichte. Schnelligkeit geht vor Gründlichkeit – weil in der Regel jedes Medium das erste sein möchte mit einer Meldung bei der Kriegsberichterstattung. Wer nicht schrill formuliert, wird weniger beachtet. Am Ende des Tages fragen die Chefs der Online-Dienste nach Klickzahlen von veröffentlichten Artikeln – um höhere Preise bei der Werbung auf diesen Seiten fordern zu können. Gleichzeitig mit diesen Entwicklungen wurden Stellen von Auslandskorrespondentinnen und Kriegsberichterstatter*innen
abgebaut, u.a. wegen zu hoher Kosten.
Kriegsbilder sind heute sehr billig und einfach von Menschen zu
erhalten, die lediglich ein Handy haben. Allerdings ist auch die Gefahr
der Manipulation gestiegen – weil sich die Herkunft der Bilder nur schwer
überprüfen lässt.
Auch renommierte Medien sind bereits auf Fälschungen hereingefallen
und haben Bilder gezeigt, die Jahre zuvor in einem anderen
Kriegskontext entstanden waren.
Die beiden Autoren Precht und Welzer haben von den kritisierten
Leitmedien nach der Veröffentlichung ihres Buches – wenig
verwunderlich – sehr viel Kritik bekommen, manchmal aber auch
verbunden mit der Aussage, dass sie ein wichtiges Buch geschrieben
hätten.
Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,
ich komme zu meiner drittten Quelle zum Thema „Medien im Krieg“:
Lord Arthur Ponsonby
Arthur Ponsonby, Staatssekretär in verschiedenen britischen Ministerien,
hat 1928 Grundsätze der Kriegspropaganda aus seinen Erfahrungen des

  1. Weltkrieges heraus gesammelt, die von der belgischen Historikerin
    Anne Morelli zu zehn Thesen zusammengestellt wurden:
  • Wir wollen den Krieg nicht
  • Das gegnerische Lager trägt die Verantwortung
  • Der Führer des Gegners ist ein Teufel
  • Wir kämpfen für eine gute Sache
  • Der Gegner kämpft mit unerlaubten Waffen
  • Der Gegner begeht mit Absicht Grausamkeiten, wir nur versehentlich
  • Unsere Verluste sind gering, die des Gegners enorm
  • Künstler und Intellektuelle unterstützen unsere Sache
  • Unsere Mission ist »heilig«
  • Wer unsere Berichterstattung in Zweifel zieht, ist ein Verräter. (2)
    Mir scheint, dass diese zehn Grundsätze nach rund einem Jahrhundert
    noch immer in ihren Grundaussagen gültig sind.
    In Deutschland arbeitet als eine weitere wichtige Quelle zum Thema
    „Medien im Krieg“ Dr. Sabine Schiffer zu diesem Thema.
    In der IMI-Ausdruck-Ausgabe vom Dezember 2023 schreibt sie
    unter der Überschrift:
  • Ostermarschrede von Clemens Ronnefeldt in Bochum am 31.3.2024
  • Medien im Krieg

  • Kriegsanlasslügen und Übertreibungen – Gräuelpropaganda für
    mehr Krieg
    „Man darf an dieser Stelle verallgemeinern, dass alle Kriege mit Lügen
    beginnen. Diese können False-Flag-Operationen sein, wie der sog.
    Tonkin-Zwischenfall 1964 oder der Angriff auf den Sender Gleiwitz am 1.
    September 1939.
    Zu den echten Kriegsanlasslügen gehört prominent die Brutkasten-Story
    der PR-Agentur Hill & Knowlton, eine erfundene Gräuelgeschichte über
    Baby-meuchelnde irakische Soldaten 1991. Dazu gehören auch –
    weniger bekannt – falsche Massaker-Bilder im Kosovo-Krieg 1999, die
    zur ersten Teilnahme der Bundeswehr an einem sog. robusten
    Auslandseinsatz und zudem völkerrechtswidrigen NATO-Krieg genutzt
    wurden.
    Auch das Aufbauschen von realen Problemen zu bestimmten
    Zeitpunkten kann Propagandazwecke erfüllen – die Medienwissenschaft
    nennt dies ‚instrumentelle Aktualisierung‘, wozu etwa das Cover des
    Time-Magazins 2010 mit Bibi Aisha, der Afghanin mit der
    abgeschlagenen Nase, zählt.
    Dieses zum Zeitpunkt der Veröffentlichung ein Jahr alte Foto hat dazu
    beigetragen, den Afghanistan-Krieg um weitere zehn Jahre zu
    verlängern“. (3)
    Die Bildzeitung machte Russland für zwei Raketen verantwortlich, die
    von der Ukraine auf polnisches Gebiet abgeschossen worden waren.
    Im Original lautete die Hauptüberschrift auf der Titelseite am 16.11.2022:
    „ 2 Tote: Putin feuert Raketen nach Polen“.
    Der Bild-Chefredakteur Johannes Boie schrieb in seinem Kommentar
    dazu: „Die russische Armee hat Polen bombardiert! Zwei Menschen sind
    tot, ermordet! Ob ein Versehen oder nicht – dies ist ein bewaffneter
    Angriff auf Nato-Territorium!“
    Es folgte keine Richtigstellung oder gar Entschuldigung des Springer-
    Verlages in den Tagen und Wochen danach. Das Eskalationspotential
    dieser Meldung war erheblich.
    Grundlegendes zur Rolle von Medien im Krieg
    Insbesondere, wenn ein Krieg beginnt, wollen Menschen schnell wissen:
    Wer sind die Guten, wer sind die Bösen?
    Weil Menschen sich einfühlen können, mischen sich Wut, Verzweiflung
    und Ohnmachtsgefühle – und der innere Druck: „Da darf man doch nicht
    tatenlos zuschauen! – Du muss man doch was tun“.
    Gerade in Kriegszeiten hätten Medien die Aufgabe, nicht in Schwarz-
    Weiß-Denken zu verfallen, sondern den entstandenen Krieg oder
    Konflikt von allen Seiten zu beleuchten.
    Auch Journalistinnen sind Menschen, die nicht nur einen kühlen Kopf bewahren können – sondern in Kriegszeiten gelegentlich Berichterstattung und Kommentar „im Eifer des Gefechtes“ vermischen. Medienberichterstattungen zum Ukraine- und Nahost-Krieg Sascha Lobo hat den Begriff „Lumpen-Pazifismus“ (4) am 20.4.2022 im „Spiegel“ geprägt. Er wurde vielfach übernommen, u.a. auch von „Der Welt“. Die erste Online-Überschrift in der Welt vom 27.2.2023 von Chefkorrespondent Clemens Wergin lautete noch: „Putin will nicht verhandeln. Dass müssen jetzt auch deutsche Lumpenpazifisten kapieren“. Drei Tage später wurden im Online-Angebot die „Lumpen“ weggelassen – und die Überschrift lautete: „Putin will nicht verhandeln. Dass müssen jetzt auch deutsche Pazifisten kapieren“. „Putintroll“, „Putin-Versteher“, „Hamas-Verharmloser“: Mit solchen Worten wird auch in Deutschland von einigen Medien Kriegspropaganda betrieben. In Russland, wo die Pressefreiheit extrem eingeschränkt ist, wird von staatstreuen Medien der Begriff „Entnazifizierung“ als Rechtfertigung eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges gegen die Ukraine instrumentalisiert. Auf den ersten Blick weniger scharf, aber nicht weniger gefährlich ist das Wort „umstritten“, das Expertinnen eines Landes oder zu einem Konflikt
    angehängt wird, sobald diese von der Meinung einzelner Medienorganen
    abweichen.
    Saudi-Arabien wird als „Stabilitätsanker“ in der Region Naher und
    Mittlerer Osten bezeichnet, obwohl das Land nach wie vor Menschen
    archaisch köpfen lässt und die Regierung offenbar den Befehl zur
    Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi gab.
    Wie unterschiedlich werden Besatzungsmächte – an den Beispielen
    Russland/Ukraine und Israel/Palästina – in deutschen Medien dargestellt.
    Fazit und Ausblick von Sabine Schiffer
    Sabine Schiffer schreibt im bereits zitierten „IMI-Ausdruck“ (Dez. 2023):
    „Die Nachordnung des Krieges in der Ukraine hinter den wieder
    aufflammenden Nahost-Konflikt steht gerade sinnbildlich für die
    Versäumnisse der Logik im Mediensystem.
    Die Aufmerksamkeit gilt dem Negativen und der Eskalation, nicht den
    stillen Entwicklungen, die zum Verständnis von Sachverhalten wichtig
    wären.
    Und sie gilt schon gar nicht den konstruktiven und kooperativen
    Gruppen, die zeigen würden, dass eine Überwindung von Feindbild-
    Konstellationen möglich ist bzw. war.“
    Zu diesen zählen für mich im Nahostkonflikt u.a. „Combatants for
    Peace“, „Trauernde Eltern“ oder die „Oase des Friedens: „Neve Shalom /
    Wahat al-Salam“, über deren Arbeit ich gerne mehr in deutschen Medien
    sehen würde.
    So lange einige Medien im Krieg agitieren und nicht Aufklärung leisten,
    braucht es andere Medien wie den Freitag, die Berliner Zeitung, den IMI-
    Ausdruck, Telepolis und andere.
    Uwe Krüger gibt am Ende seines Buches einige Hinweise, wie die
    gegenwärtige Situation der engen Verflechtung von Leitmedien und
    Politik bzw. Wirtschaft überwunden werden könnte:
    „Der Journalist soll mit unverstelltem Blick beobachten und unabhängig
    von den Interessen der Steuermänner und Kapitäne aus Politik und
    Wirtschaft berichten und analysieren – im Interesse des ganzen Schiffs.“
    Dem möchte ich mich anschließen.
    Ich danke Ihnen/Euch fürs Zuhören bei diesem Ostermarsch in Bochum.
  • Quellen:
    (1) (https://www.ndr.de/kultur/buch/tipps/Die-vierte-Gewalt-Precht-
    Welzer-Meinungsmache-der-Leitmedien,prechtwelzer100.html)
    (2) https://www.deutschlandfunk.de/anne-morelli-die-prinzipien-der-
    kriegspropaganda-100.html
    (3) https://www.imi-online.de/2023/12/13/ausdruck-dezember-2023-
    schwerpunkt-medien/
    (4) https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/ukraine-krieg-der-
    deutsche-lumpen-pazifismus-kolumne-a-77ea27
  • Ostermarschrede von Clemens Ronnefeldt in Bochum am 31.3.2024
  • Medien im Krieg
  • 88-e80f-4a51-
    838f-591843da8356
    Clemens Ronnefeldt
    Referent für Friedensfragen beim deutschen
    Zweig des internationalen Versöhnungsbundes
    A.-v.-Humboldt-Weg 8a
    85354 Freising
    Tel.: 08161-547015 Fax: 08161-547016
    C.Ronnefeldt@t-online.de
    www.versoehnungsbund.de
    Spendenkonto für die Arbeit des Versöhnungsbund-Friedensreferates:
    Kontoinhaber: Versöhnungsbund e.V.
    IBAN DE40 4306 0967 0033 6655 00 Stichwort: Friedensreferat/C. Ronnefeldt

Demokratie verteidigen

Hunderte Lichter für Frieden und Demokratie.

Mahnwache am 1. März 2024, 18.00 h, Marktplatz Bruchsal. Aufgerufen hat ein breites Bündnis aus Parteien und Verbänden

Dazu schreiben die Landfunker:

Am 1. März, 18 Uhr | Kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges haben in Bruchsal durch die Bombardierung am 1. März 1945 über 1.000 Menschen Leben verloren. 80% der Stadt wurden zerstört.
Anlässlich dieses historischen Tages sowie der aktuellen Kriege und extremistischen Gefahren, ruft ein breites Bündnis aus Wohlfahrtsverbänden, Parteien, Gewerkschaften, Kirchen und Friedensinitiativen um 18 Uhr zu einer Mahnwache „Hunderte Lichter für Frieden und Demokratie. Gegen Extremismus.“ auf dem Bruchsaler Marktplatz auf.
„Gerade dieser Tag sollte uns vor Augen führen wie wichtig es ist für Frieden und Demokratie einzustehen. Extremismus ist eine Gefahr für beides. Für den Frieden und für die Demokratie“, so Christian Holzer.
Auch soll gedacht werden an die Opfer des Ukraine-Kriegs, der seit zwei Jahren Tote fordert sowie an die Opfer des Konflikts zwischen Israel und dem Gaza-Streifen.
Neben einzelnen Redebeiträgen soll auch die Europa-Hymne zum Abschluss der Kundgebung gespielt werden.

Quelle: Landfunker Kraichgau

Rede zum 27. Januar 2024

von Hans Jürgen Rettig

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Freunde der
Friedensinitiative Bruchsal.
Sie sind hierher gekommen, um ein Zeichen für Demokratie und
gegen Rechtspopulismus zu setzen. Vielleicht auch mit ganz
unterschiedlicher Motivation. Aus diesem Grund möchte ich
versuchen, die Interessen auf einen Punkt zusammenzuführen und
die Temen nur kurz anreißen.


Der 27. Januar ist bundesweit zum Gedenktag für die Opfer der
NS-Diktatur festgelegt. An diesem Tag wurde das
Vernichtungslager Auschwitz von der Roten Armee befreit. Ich
könnte Ihnen da noch einiges erzählen über diesen Ablauf. Mach
ich aber nicht. Besser ist es, wenn Sie das alles selber im Internet
nachlesen und sich einen eigenen Überblick verschaffen.
Aber eines möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. „ Den Schwur
von Buchenwald“.
Nach der Befreiung maschierten die Überlebenden nach Nationen
gegliedert und in Blöcken formiert unter den Klängen des
Lagerorchesters auf den Appellplatz. Die zuvor ausgearbeitete
Gedenkansprache auf Russisch, Polnisch Deutsch, Französisch,
Tschechisch und Englisch wurde verlesen. Sie mündete in ein
gemeinsames Gelöbnis:
Bitte mir nachsprechen:
Wir schwören: „Wir werden den Kampf erst aufgeben, wenn der
letzte Schuldige vom Gericht aller Nationen verurteilt ist. Die
endgültige Zerschmetterung des Nazismus ist unsere Losung,
Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist
unser Ideal.“

Dieses Gelöbnis ist heute als „Schwur von Buchenwald“ bekannt.
Jetzt könnte ich Ihnen noch erzählen, wie ich das Kriegsende
erlebt habe. Aber das interessiert vielleicht nicht alle Anwesende.

1

Denn Sie sind aus sehr unterschiedlichen Gründen zu dieser
Veranstaltung gekommen. Doch eines sollte uns vereinen, der
Wunsch zur Erhaltung der Demokratie, sei sie noch so schlecht,
wir haben nichts besseres. Darauf sollten wir uns beschränken und
daran arbeiten. Die Rechtspopulisten wollen sie abschaffen. Es ist
für mich unverständlich, wie so viele Menschen auf die AFD
hereingefallen sind. Jetzt sind Hunderttausende auf die Straße
gegangen, um ein Zeichen zu setzen, ausgelöst durch ein
sogenanntes Geheimtreffen der Rechts-Populisten, die sich eine
Massenhafte Abschiebung von Migranten und Asylsuchenden
vorstellen können.

Jetzt, nachdem Millionen Menschen in Deutschland gegen diese
menschenverachtenden Vorhaben auf die Straße gegengern sind,
distanzieren sich die Verantwortlichen davon. So ist es auch mit
den übrigen Äußerungen in der Öffentlichkeit nach dem Motto, so
war das alles nicht gemeint und gedacht oder wurde falsch zitiert,
sie stehen nicht zu ihren Aussagen, drehen es hin und her bis es
passt und der unbedarfte Bürger fällt darauf rein.
Ich könnten Ihnen auch noch erzählen warum ich Pazifist bin und
jeden Dienstag in der Fußgängerzone stehe gegen den Krieg in der
Ukraine, mach aber nicht. Da gibt es sicherlich unterschiedliche
Auffassung darüber warum Deutschland den Haushalt der Ukraine
finanziert und warum so viele Waffen dort hin von uns geliefert
werden. Schon einmal hat es geheißen, die westliche Freiheit wird
am Hundukusch verteidigt. Jetzt heißt es in der Ukraine.
Der Kampf um Frieden ist die Schlüsselfrage im demokratischen
Kampf.
Eine konsequente Friedenspolitik, die zugleich den Weg zu einer

2

solidarischen, gerechten und friedlichen Gesellschaft ebnet, kann
die extreme Rechte einengen und ihr langfristig den Nährboden
entziehen.

Demokratie muss jeden Tag neu erkämpft werden.
Wenn es für die Menschheit einen Weg in die
Zukunft gibt, dann weil sie friedlich wird – die Menschheit und
die Zukunft.
Auschwitz steht symbolisch für den Massenmord an europäischen
Juden und für das Leid von Millionen anderen Menschen,
die vom Nazi-Regime verfolgt und umgebracht wurden. Insgesamt
ermordeten die Nationalsozialisten dort und im angrenzenden
Birkenau zwischen 1940 und 1945 etwa 1,1 Millionen Menschen.
Der 27. Januar ist seit 1996 in Deutschland und seit 2005 weltweit
ein Tag des Gedenkens an die Opfer des
Nationalsozialismus.Sorgen wir dafür, dass die Opfer nicht
umsonst waren, zeigen wir den Rechtspopulisten die Rote Karte.