Wie ein Spannungsabbau zwischen Russland und der NATO gelingen kann

 
Auf dem Weg zu einer neuen Sicherheitsarchitektur: 
Wie ein Spannungsabbau zwischen Russland und der NATO gelingen kann.
Die kürzlich stattgefundenen Gespräche zwischen Joe Biden und Wladimir
Putin sollten um Gespräche mit Xi Jinping erweitert werden. Diese
Gespräche könnten der Beginn einer neuen Entwicklung hin zu
Entspannung und Sicherheit sein.
 
Dringend erforderlich ist eine neue Sicherheitsarchitektur, die durch
multilaterale Partnerschaft und durch den Abbau medial erzeugter
Feindbilder gekennzeichnet ist.
 
Die gegenwärtig eskalierende Situation an der russischen Westgrenze
verweist auf die dringende Notwendigkeit hin, dass ernsthaft
miteinander gesprochen und verhandelt wird.
 
Die Konstruktion von Feindbildern
 
Die Entwicklung gegenseitiger Feindbilder stellt die
sozialpsychologische Voraussetzung für die Durchführung von Kriegen dar. 
 
Auf russischer Seite wird das Feindbild einer imperialistischen
NATO bemüht. Auf westlicher Seite wird das Feindbild eines
militaristischen und aggressiven russischen Autokraten entwickelt.
 
Russland wird als Staat dämonisiert. Ähnliches entwickelt sich
zwischen den USA und China. (…)
 
Wie kann man nun dieses gegenseitige Bedrohungspotenzial reduzieren
und zu gemeinsamen Verhandlungen sowie wieder zu einer gemeinsamen
Sicherheitsarchitektur gelangen?

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Die NATO sollte der Russischen Föderation ein Angebot unterbreiten

In der „Charta von Paris“ von 1990  wurde eine neue
Sicherheitsarchitektur Europas unter Einschluss Russlands entworfen:„In Übereinstimmung mit unseren Verpflichtungen gemäß der Charta der
Vereinten Nationen und der Schlussakte von Helsinki erneuern wir unser
feierliches Versprechen, uns jeder gegen die territoriale Integrität
oder politische Unabhängigkeit eines Staates gerichteten Androhung
oder Anwendung von Gewalt oder jeder sonstigen mit den Grundsätzen
oder Zielen dieser Dokumente unvereinbaren Handlung zu enthalten.

Wir erinnern daran, dass die Nichterfüllung der in der Charta der
Vereinten Nationen enthaltenen Verpflichtungen einen Verstoß gegen das
Völkerrecht darstellt.

Wir bekräftigen unser Bekenntnis zur friedlichen Beilegung von
Streitfällen. Wir beschließen, Mechanismen zur Verhütung und Lösung
von Konflikten zwischen den Teilnehmerstaaten zu entwickeln.“

So war die russische Seite in diesem Sinne noch Anfang des 21.
Jahrhunderts nicht abgeneigt, über eine gemeinsame
Sicherheitsarchitektur und eine Annäherung an die NATO zu verhandeln.

Wladimir Putins Rede am 21.9.2001 vor dem Deutschen Bundestag enthielt
friedenspolitische Angebote, die in diese Richtung zielten:

„Niemand bezweifelt den großen Wert der Beziehungen Europas zu den
Vereinigten Staaten. Aber ich bin der Meinung, dass Europa seinen Ruf
als mächtiger und selbstständiger Mittelpunkt der Weltpolitik
langfristig nur festigen wird, wenn es seine eigenen Möglichkeiten mit
den russischen menschlichen, territorialen und Naturressourcen sowie
mit den Wirtschafts-, Kultur- und Verteidigungspotenzialen Russlands
vereinigen wird.“

Doch die von russischer Seite ausgestreckte Hand wurde aufgrund
verschiedener westlicher Interessenslagen nicht angenommen und
ignoriert. Diese damals angelegte Entwicklung gilt es nun aber wieder
aufzugreifen, ehe es zu spät ist.

Hierbei geht es um die politische Vision einer internationalen
Zusammenarbeit und wieder eintretenden Vernetzung der NATO mit
Russland bzw. der Russischen Föderation.

Der Russischen Föderation ist in einem ersten Schritt von Seiten der
NATO ein Angebot einer Annäherung an die NATO mit dem mittelfristigen
Ziel einer gemeinsamen Sicherheitsarchitektur zu unterbreiten. Dies
kann im Rahmen der in der ‚Charta von Paris‘ festgelegten
friedenspolitischen Normen unter Vermittlung der EU erfolgen:

„Sicherheit ist unteilbar, und die Sicherheit jedes Teilnehmerstaates
ist untrennbar mit der aller anderen verbunden. Wir verpflichten uns
daher, bei der Festigung von Vertrauen und Sicherheit untereinander
sowie bei der Förderung der Rüstungskontrolle und Abrüstung
zusammenzuarbeiten.“

Hierbei kann auf bereits früher existierende Strukturen
zurückgegriffen werden, wie z.B. Russlands Status bei der NATO im
Rahmen des NATO-Russland-Rats, der durch die gemeinsame Unterzeichnung der „Erklärung von Rom“ (2002) festgelegt wurde. Hierfür müsste zunächst die Ausweisung russischer Vertreter bei der NATO rückgängig gemacht werden.

Genauso sind das Zurückziehen aller russischen Vertreter aus der NATO
sowie der Entzug der diplomatischen Akkreditierung der NATO-Vertreter
in Moskau zu revidieren.

In einem nächsten Schritt sind die Neuverhandlung der aufgekündigten
Abrüstungsverträge unter Vermittlung der OSZE vorzunehmen und weitere
Abrüstungsschritte einzuleiten. Hierüber hinaus sind die Verabredung
gemeinsamer Sicherheitsstrategien sowie technologischer Zusammenarbeit im Rahmen der Absprachen im wieder zu aktivierenden NATO-Russland-Rat sinnvoll.

Insbesondere gilt es die Transparenz über Kooperation zu erhöhen, z.B.
den „Treaty on Open Skies“ wieder zu aktivieren, und regelmäßige
Treffen und Gespräche institutionalisiert aufzunehmen.

Es ist zudem mit oberster Priorität kurzfristig die 400 km lange und
im Vertrag von Minsk II 2015 festgelegte militärische Pufferzone
durchzusetzen und dort für die notwendige Entspannung einer aktuell
eskalierenden Situation zu sorgen. Zudem müsste mittelfristig ein
militärfreier Sicherheitskorridor zwischen den osteuropäischen
NATO-Staaten und der angrenzenden Russischen Föderation insgesamt
verabredet werden, um den gemeinsamen Sicherheitsinteressen zu
entsprechen.

In einem dritten Schritt sind weitere wichtige Akteure, wie die UNO
sowie die chinesische Regierung in diese Gespräche einzubeziehen mit
dem Ziel eines bedeutenden und vertraglich abgesicherten Beitrags für
die internationale Sicherheit.

Hierbei ist diese Sicherheitsarchitektur über die UN-Generalversammlung
und den UN-Sicherheitsrat zu legitimieren und zu institutionalisieren. (…)

Quelle:  Originaltext von Klaus Moegling, 15.12.2021

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