Militär hat in Bolivien die Kontrolle übernommen, Evo Morales erreicht Mexiko

Landesweit Proteste gegen den Putsch. Soldaten und Polizisten gehen massiv dagegen vor. Morales: „Mexikos Regierung hat mein Leben gerettet“

Evo Morales bei der kurzen Ansprache nach seiner Ankunft auf dem Flughafen von Mexiko-Stadt
Evo Morales bei der kurzen Ansprache nach seiner Ankunft auf dem Flughafen von Mexiko-Stadt

La Paz. Aus Protest gegen den Einsatz des Militärs zur Niederschlagung der Proteste gegen den erzwungenen Rücktritt von Evo Morales ist Boliviens Verteidigungsminister Javier Zavaleta zurückgetreten. Seine Regierung habe niemals den Einsatz militärischer Gewalt gegen die Bevölkerung angeordnet und werde das auch nie tun, sagte er zur Begründung.

Zavaleta reagierte damit auf die Übernahme der Kontrolle durch die Streitkräfte in Sachen „innere Sicherheit“ und ihre Zusammenarbeit mit der Polizei, die der Oberkommandierende Willians Kalimán am Montag bekanntgegeben hatte. Damit war er Forderungen von Oppositionsführern nachgekommen. Man gehe nun gemeinsam gegen Gruppen vor, die sich „in den letzten Tagen auf den Straßen mobilisieren“, „Akte des Vandalismus begehen“ und „Terror verbreiten“, so Kalimán. Nun sind auch Soldaten auf den Straßen der großen Städte im Einsatz. Der Generalkommandant der Polizei, Juri Calderon, sagte bei der gemeinsamen Pressekonferenz, viele Polizeistationen seien angezündet und geplündert worden.

Während die Polizei gegenüber den Gewalttaten der Opposition gegen staatliche Einrichtungen und Vertreter der regierenden Bewegung zum Sozialismus seit Wochen auffallend zurückhaltend war und sich schließlich in Teilen am Staatsstreich beteiligte, kam es bereits einen Tag nach dem Putsch gegen Morales zu Einsätzen mit Schusswaffen gegen Demonstrierende, so in Cochabamba und El Alto. Mehrere Menschen wurden schwer verletzt, darunter ein Kind. Auch organisierte Gruppen Oppositioneller sollen an den Attacken beteiligt gewesen sein.

Laut Medienberichten gehen Soldaten und Polizisten jetzt gemeinsam mit massiver Gewalt gegen Anhänger von Morales vor, die an zahlreichen Orten gegen den Putsch protestieren. Unter anderem sollen am Montagabend indigene Gemeinden in La Paz und El Alto aus Militärhubschraubern beschossen worden sein, dabei habe es sechs Tote und mehr als 30 Verletzte gegeben. Ein Demonstrationszug mehrerer Tausend Morales-Anhänger von El Alto zum Parlament in La Paz wurde am Dienstag von Soldaten und Polizisten eskortiert, während zugleich Kampfjets im Tiefflug Präsenz zeigten.

Die Ombudsbehörde des Landes hat inzwischen den Tod von vier Personen bestätigt, drei von ihnen starben an Schussverletzungen.

In seinem Rücktrittsschreiben richtet sich Zavaleta auch an die Oppositionsführer Carlos Mesa, den unterlegenen Kandidaten bei den Präsidentschaftswahlen am 20. Oktober, und Fernando Camacho, den Vorsitzenden des Bürgerkomitees von Santa Cruz: „Die Verantwortung dafür, die Waffen gegen das Volk zu richten, fällt auf die zurück, die diese Entscheidung getroffen haben.“

Nach den Übergriffen der vergangenen Tage gegen MAS-Mitglieder und die indigene Bevölkerung hatte Evo Morales Camacho und Mesa aufgefordert, „dieses Massaker zu beenden und die Demütigung einfacher Menschen zu stoppen“. In seiner Amtszeit habe er die Streitkräfte „nie angewiesen, auf die Straße zu gehen, um das Volk zu unterdrücken“, wie es nun 24 Stunden nach seinem Rücktritt geschehe. Das Militär rief er kurz vor der Abreise nach Mexiko auf, „seine Hände nicht mit dem Blut des Volkes zu beflecken“.

Unterdessen ist Morales „nach diplomatischen Komplikationen jeder Art“ mit seinem Vize Álvaro García Linera und der früheren Gesundheitsministerin Gabriela Montaño am Dienstag Nachmittag in Mexiko-Stadt eingetroffen. Dort wurden sie von Außenminister Marcelo Ebrard begrüßt. Offenbar hatten Peru und Ecuador den Luftraum für die Maschine gesperrt, sodass zunächst nur der Weg über Paraguay und Brasilien blieb. Letztlich habe Ecuador zugestimmt, den Überflug eines kleinen Teil seines Territoriums in Richtung internationale Gewässer zuzulassen. Ebrad berichtete von „sehr spannungsgeladenen Momenten“ vor dem Abflug in Bolivien, weil die Zuständigkeiten unklar waren.

In einer kurzen Ansprache vor Medienvertretern erklärte Morales: „Wir haben beschlossen zurückzutreten, damit es kein Blutvergießen mehr gibt, keine Konfrontationen mehr. Der Präsident von Mexiko hat mir das Leben gerettet. Wir sind sehr dankbar.“ Er werde politisch aktiv sein und kämpfen, solange er lebe, sagte der erste indigene Präsident Boliviens. Den Putsch bezeichnete er als „eine weitere Lektion, um zu lernen und den Kampf der Völker Boliviens und der Welt zu stärken“.

Quelle: amerika21.de

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Chile konfrontiert sich mit seinen Problemen – Zeit für die Wiederherstellung der nationalen Souveränität

Die Judikative in Chile
In den letzten Tagen hat die Judikative in Gestalt oberster Richter eine grundlegende Rolle übernommen im Zusammenhang mit der Anklage von missbräuchlichem Polizeiverhalten, das sich inmitten der Proteste zeigte. Zwei von ihnen reichten eine Beschwerde gegen ein vermutetes Folterzentrum innerhalb der Metrostation Baquedano ein, eine Haltung, die während der Diktatur von Augusto Pinochet nie vorkam, wie Richter Daniel Urrutia bestätigte: „Die Judikative nahm ihre Funktion während der zivil-militärischen Diktatur nicht wahr und dies ermöglichte schwere Menschenrechtsverletzungen. Der Oberste Gerichtshof erkannte diese Situation an und dies markierte ein Vorher und ein Nachher. In der Tat sorgen wir uns darüber, dass die Judikative angesichts der schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen, die auftreten, nicht wieder untätig bleibt, weil in diesem Moment die Menschenrechte eines großen Teils der Bevölkerung verletzt werden“, sagte er und versicherte, dass es „keinen Missbrauch ohne Sanktionen geben wird“.

Wirtschaftssystem des radikalen Neoliberalismus im Visier

Die Faktoren, die politische Unruhen bestimmen, sind vielfältig und von unterschiedlicher Größe. Sie verweisen auf das Wirtschaftssystem des radikalen Neoliberalismus. Zwei unkluge Entscheidungen der Regierungen der Concertación (vor der Zeit von Piñera, gleich nach der Militärdiktadur) sind bemerkenswert:

 
Der Ausnahmezustand und das Handeln der Armee

Der Verfassungsanwalt Jaime Bassa, der an der
Menschenrechtskommission des Senats teilnahm, stellt den Ausnahmezustand und das Vorgehen der Armee dar:

In der Tat sehen wir, dass die militärische Autorität so tut, als befänden wir uns in einem Belagerungszustand ohne gültige Normen und ohne jegliche Kontrolle. Der Präsident hat die ihm durch die Verfassung übertragenen Befugnisse an niemanden übertragen. Alles, was wir sehen, ist de facto. Das Schlimmste von allem, ohne politische Verantwortung. Sie liegt beim Präsidenten und verschwindet auch nicht, wenn er Aufgaben delegiert. Die Verfassung ist klar. Während des Ausnahmezustands ist weder der Präsident der Republik noch ein militärischer Regionalführer befugt, Personen festnehmenzu lassen, die sich nicht an die Ausgangssperre halten.

Denn „das verfassungsmäßige Organgesetz typifiziert oder bestraft nicht als Verbrechen, die Ausgangssperre nicht einzuhalten. Die Nichteinhaltung der Ausgangssperre ist nach dem Strafgesetzbuch kein Verbrechen, so dass Personen nicht verhaftet werden können. Das ist illegal. Die Warnungen und Klarstellungen dazu des Verfassungsrechtlers wurden nie berücksichtigt.

„Die Anschuldigungen „reichen von Vergewaltigungsandrohungen, wobei weibliche Gefangene mit der Waffe bedroht wurden, die sich vor den anderen Polizisten auf der Polizeistation und zum Zeitpunkt ihrer Inhaftierung im Haftraum ausziehen mussten, bis hin zu einer Reihe von Folterungen und Demütigungen an Frauen.“ So die Rechtsanwältin zur Verteidigung von Frauen Consuelo Gutiérrez.

Das Wirtschaftssystem als Bestandteil der gesamten Krise

 

Es gibt also eine strafrechtliche Verantwortung der Person, die die Schusswaffe braucht, eine zivilrechtliche Verantwortung des Finanzministeriums, um die Schäden zu ersetzen, und es gibt auch eine politische Verantwortung des Präsidenten, des Innenministers, von dem die Polizeikräfte abhängig sind.

Um ein neues Chile zu schaffen, muss der Schwerpunkt auf grundlegende Fragen gelegt werden. Die erste ist die Verfassungsänderung. Wohnen, Gesundheit, Bildung, Arbeit müssen in einer neuen Verfassung als soziale Rechte anerkannt werden. Andernfalls werden sie weiterhin als Ware behandelt. Die aktuelle Verfassung der Diktatur erlaubt keine staatliche Intervention in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Der gesellschaftliche Aufruhr verlangt, dass den Menschen bessere Lebensbedingungen garantiert werden. Der Staat ist aufgerufen, für dieses größere Wohlergehen zu sorgen, denn die Unternehmer denken nur unter Ausnutzung der neoliberalen Marktwirtschaftspolitik an ihre eigenen besonderen Interessen und Profit. Es ist der Neoliberalismus, der Ungleichheit erzeugt und Gesundheit, Wohlfahrt, Bildung usw. als Ware behandelt. Das Wirtschaftssystem ist Bestandteil der gesamten Krise. Nach einem Paradigma des radikalen Neoliberalismus muss der Staat öffentliche Unternehmen privatisieren und um für Wohlstand zu sorgen die Rentenkassen und die Dienstleisungen für Gesundheit und Bildung privatisieren. Die Regulierungsfunktion des Staates besteht nicht mehr. Die Behörden verzichten auf ihren politischen Willen, Investitionen und den Betrieb von privaten Unternehmen, die öffentliche Dienstleistungen erbringen, zu kontrollieren. Die Ungerechtigkeit gipfelt in der Konzentration von Wirtschaft und Wohlstand in einer Handvoll von Oligarchen, die für steigende gesellschaftliche Einkommens- und Vermögensungleichheit sorgen und sich unredlicherweise politische Macht hinter dem multimillionären Präsidenten angeeignet haben. Es ist ein einzigartiger Fall unter den Demokratien Lateinamerikas, dass sich eine gigantischen wirtschaftliche und darüber hinaus politischen Macht unter wenigen Personen in einem Präsidialregime ansammeln konnte, ein System, das besonders dem Präsidenten beträchtliche Autorität verleiht. Piñera hat ein Vermögen von 2.800 Millionen Dollar, was 0,94% des BIP entspricht („Amerikas Millionärspräsident“ in chilenischer Wochenzeitung „Cambio 21“, 30.10. bis 5.11.2019).

 

Auch Unternehmenslobbyisten befördern die wachsendeUngleichheit. Sie verfügen über entsprechende Institiute oder Think-Tanks, die von Oligarchen, den Milliardären, finanziert werden und die aktiv daran arbeiten, die öffentliche Meinung über die ihnen gehörenden Medien zu beeinflussen.

Problem: Verfassung von 1980, die von einer Diktatur gemäß Minderheiteninteressen auferlegt wurde
Chile hat ein Verfassungsproblem, weil die von der Diktatur verordnete Verfassung von 1980 die Werte und Interessen einer Minderheit widerspiegelt, die ihre „Wähler“ unterstützt hat. Darüber hinaus gewährt sie dieser Minderheit ein Vetorecht, das ihre Kontinuität trotz der 40 Verfassungsreformen ermöglicht.

 

Wirtschaftssystem des radikalen Neoliberalismus im Visier

Die Faktoren, die politische Unruhen bestimmen, sind vielfältig und von unterschiedlicher Größe. Sie verweisen auf das Wirtschaftssystem des radikalen Neoliberalismus. Zwei unkluge Entscheidungen der Regierungen der Concertación (vor der Zeit von Piñera, gleich nach der Militärdiktadur) sind bemerkenswert:

1. Die Strategie der demokratischen Legitimation für Wirtschaftswachstum und sich deshalb für die Kontinuität des in der Diktatur eingeführten neoliberalen Wirtschaftssystems zu entscheiden und nicht für seine Reform. Es war eine technokratische Logik, d.h. eine rationale und sachkundige Sicht auf Politik und Wirtschaft entsprechend der akademisch vorherrschenden Sicht der Volkswirtschaftler um den US-Nationalökonom Milton Friedman (Chicago boys). Es wurde angenommen, dass diese Strategie eine Politik erzeugen würde, um eine vollständige Demokratie zu erreichen. Die Zeitgeschichte zeigt, dass die dann sich weiter entwickelnde katastrophale Ungleichheit bei der Verteilung von Einkommen und Vermögen zu politischer Instabilität führt, wie sie jetzt kaum schlimmer sein kann. Es muss zu einer Steuerreform kommen, die die immense Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen stark vermindert, um den sozialen Frieden wieder herzustellen und nachhaltig zu sichern. Dazu wird auch eine Vermögenssteuer festzulegen sein oder eine Art Lastenausgleich.

2. Das Programm der Regierung von Patricio Aylwin „Wachstum mit Mäßigung“ beinhaltete die Idee aufeinanderfolgender Schritte. Erstens war es notwendig, wirtschaftlich zu wachsen und erst dann zur zweiten Stufe überzugehen, die darin bestand, Ungleichheiten abzubauen. Die Regierungen der Concertación sind nicht in die zweite Stufe vorgedrungen. Die Bekämpfung von Ungleichheiten wurde verschoben. Edgardo Böninger, einflussreicher christdemokratischer Minister und Generalsekretär der Präsidentschaft von Patricio Aylwin betonte bis zum Ende seines Lebens das Wirtschaftswachstum und konditionierte die Politik gegen die Ungleichheiten daran, das Wachstum nicht in Gefahr zu bringen, da er hier einen Widerspruch und keinen Zusammenhang der Politikkonzepte sah.

Die Zeitung „La Tercera“ als Mittel zur Verbreitung grober Unwahrheiten verwendet.

Die jetzige Regierung von Sebastián Piñera hat versucht, die Angst zu nutzen, um den sozialen Druck zu verringern, und zwar indem sie versuchte, die Menschen davon zu überzeugen, Millionen von Chilenen würden aus dem Ausland aufgestachelt und mobilisiert. Darüberhinaus meinte Präsident Piñera, es existiere eine sehr gut organisierte Minderheit, die die demokratische Gesellschaft infiltriere und zerstören wolle. Mittels der chilenischen Tageszeitung „La Tercera“ wurde diese grobe Falschheit verbreitet. „La Tercera hat“ sich aber später dafür entschuldigt, dass sie die Meldung, die sie in dieser Angelegenheit von der Regierung selbst bekam, nicht ordentlich auf glaubwürdige Richtigkeit überprüft habe. Eine weitere gängige Praxis der Pinochet-Diktatur, die diese Regierung leider wiederholt.

 

Unangemessene Intervention von Piñera, die dem Völkerrecht und den traditionellen Praktiken der chilenischen Diplomatie widerspricht

 

Juan Guaidó, der Venezolaner, der sich selbst als „Präsident“ autonominierte, gab gegenüber der Tageszeitung „El Clarín“ von Buenos Aires Erklärungen ab und warf dabei dem venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro vor, hinter den Protesten in Chile und Ecuador zu stehen, und dass er verschiedene Gruppen „finanziert“, um die Demonstrationen in der Region zu „infiltrieren“. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, sich an das unverantwortliche und unangemessene Handeln von Präsident Piñera zu erinnern, als er vor einigen Monaten nach Kolumbien an die venezolanische Grenze reiste, um auf einen Staatsstreich in Venzuela zu warten, der kläglich scheiterte. Es war eine unangemessene Intervention, die gegen das Völkerrecht und die traditionellen Praktiken der chilenischen Diplomatie verstößt. Die sicherste und eindeutige Position innerhalb der chilenischen Opposition war die der Kommunistischen Partei (PC), die immer eine Position des Rechts aufrechterhält und verteidigt: „Die Regierung ist ein Staatsstreichführer, unverantwortlicherweise ermutigt sie zum Staatsstreich, sie misst nicht die Folgen. Was eine Regierung anstreben sollte, ist eine friedliche Lösung“, sagte PC-Chef Guillermo Teillier.

Unverschämte und unverhohlene Erklärungen zeigen deutlich, dass sich die USA in die Störungen und Straftaten in Chile einmischen.

In Anbetracht der Tatsache, dass der venezolanische Emporkömmling Juan Guaidó nicht von sich aus handelt, sondern als Marionette der US-Regierung, zeigt seine freche und seltsame Aussage deutlich, dass sich die USA in den Aufruhr und die kriminellen Handlungen, die in Chile begangen wurden, einmischen. Es waren Meldungen durchgesickert, die das Militär mit den Zerstörungen der Metro und anderer Vandalen belasteten. Präsident Donald Trump rief Sebastián Piñera an und verurteilte die „fremde Einmischung“ in die Proteste in Chile (CNN-Chile 13.11. um 17.00 Uhr). Seltsamerweise enthüllt der amerikanische Präsident sein „Interesse“ an Chile, indem er Piñera anrief.

 

Unheilbringende Verbindung neokonservativer Gruppen der Vereinigten Staaten mit der chilenischen Ultra-Rechten.

Die Geschichte Chiles kennt die verhängnisvolle Verbindung neokonservativer Gruppen aus den Vereinigten Staaten mit chilenischen ultrarechten Kreisen, die in der Lage sind, die gewalttätige Aktion einer extremistischen Gruppe im Militär einzuleiten.

Seit einiger Zeit gibt es Situationen, die die Existenz kleiner nationaler Gruppen zeigen, die Bomben legen und Gewalt gegen Menschen und Eigentum anwenden. Es ist wahrscheinlich, dass der chilenische Präsident die Fäden der Washingtoner Intervention kennt und unter Druck dieser schändlichen Kreise steht. Dies würde seine Inkonsistenz, seine gebrochenen Versprechungen erklären, die wenigen Worte, die er äußert, um seine Gedanken und Absichten als Präsident bekanntzugeben, kurz, Piñeras Verwirrung und Unentschlossenheit, den Stier bei den Hörnern zu packen und den Starrsinn eines Flügels der Rechten, der Partei UDI (Unión Democrática Independiente = Unabhängige Demokratische Union, Partei aus der Zeit der Militärdiktatur).

 

Überraschende Lektionen

 

Die chilenische Regierung entschied, die Gipfelkonferenzen APEC und COP, die im November und Dezember in Santiago de Chile stattfinden sollten, abzusagen. (30.10.)

 

Finale Krise der „semi-souveränen Demokratie“

 

Misswirtschaft bedeutet Unordnung, Verwirrung und Disziplinlosigkeit. Chile erlebt jetzt endgültig, dass die „halbsouveräne Demokratie“ nichts taugt, die in Chile beim Übergang von der Diktatur zur Demokratie unter der Leitung von Patricio Aylwin installiert wurde. Sie sollte ursprünglich das Wirtschaftssystem, das unter der Diktatur errichtet wurde, erhalten. Es führte aber zum immer weiter ansteigenden Unbehagen in der Bevölkerung, denn es blieb wegen der Aufrechterhaltung einer halbsouveränen Demokratie bis heute unangetastet. Es ist deshalb höchste Zeit, die nationale Souveränität vollends wiederherzustellen, um sie in allen Bereichen zum Wohle des Landes auszuüben.

Luz María De Stefano Zuloaga de Lenkait

Sebelrasseln…Immer noch nicht genug?

Novembertrommeln

BERLIN (German-foreign Bericht) – Vor den morgigen öffentlichen Gelöbnissen der Bundeswehr fordern führende deutsche Politiker eine aggressivere Außen- und Militärpolitik Berlins und der EU. „Europa“ müsse dringend die „Sprache der Macht lernen“, fordert die designierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen; es gelte nicht zuletzt militärisch „eigene Muskeln“ aufzubauen. Außenminister Heiko Maas stellt die Schaffung eines „Europäischen Sicherheitsrates“ in Aussicht – unter Einbeziehung Großbritanniens, auf dessen Streitkräfte die angestrebte „Armee der Europäer“ nicht verzichten soll. Gleichzeitig werden neue milliardenschwere Rüstungsprojekte verabschiedet. So hat der Haushaltsausschuss des Bundestags Mittel von mehr als einer halben Milliarde Euro genehmigt, die unter anderem der NATO-„Speerspitze“ zugute kommen sollen. Das trifft auch auf die 80 Kampfpanzer des Typs Leopard 2A7V zu, die der Bundestags-Wehrausschuss beschaffen will – für rund eine Milliarde Euro. Um die Zustimmung für Auslandseinsätze der Bundeswehr zu erhöhen, ruft die Bundeskanzlerin zur Unterstützung der morgigen Gelöbnisse auf.

Die Sprache der Macht

Nach der Ankündigung von Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer in der vergangenen Woche, die Einsätze der Bundeswehr auszuweiten, legen führende deutsche Politiker nach und fordern energisch eine aggressivere Außen- und Militärpolitik Berlins und der EU. So behauptete die designierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Freitag in einer Rede vor der Konrad-Adenauer-Stiftung (CDU) in der deutschen Hauptstadt, „Soft power allein“ reiche „heute nicht mehr aus“: „Europa muss auch die ‚Sprache der Macht lernen‘.“ Einerseits gelte es deshalb, „eigene Muskeln … in der Sicherheitspolitik“ aufzubauen; andererseits müsse die Union mit „Blick auf die äußeren Interessen Europas strategischer werden“. Laut Planungsstand wird die Kommission unter von der Leyen die Aufrüstung in der EU mit zweistelligen Milliardensummen vorantreiben. Bei den „militärischen Spitzenfähigkeiten“ bräuchten die EU-Mitglieder „das gesamte Spektrum an land-, luft-, weltraum- und seeseitigen Fähigkeiten“, ist zur Erläuterung in der „Globalen Strategie“ der Union zu lesen, die 2016 verabschiedet wurde. Kritiker weisen seit je darauf hin, dass die Finanzierung militärischer Ausgaben aus den Brüsseler Töpfen laut den EU-Verträgen unzulässig ist. Der Hinweis ist vergeblich.

Im Zentrum der Ratspräsidentschaft

Am gestrigen Sonntag ist auch Außenminister Heiko Maas mit neuen Forderungen hervorgetreten. Maas richtete sich in einem Medienbeitrag zunächst gegen die scharfe Kritik des französischen Präsidenten Emmanuel Macron an der NATO. Macron hatte das Kriegsbündnis in einem Interview für „hirntot“ erklärt. Maas wies demgegenüber darauf hin, „ohne die Vereinigten Staaten“ seien „weder Deutschland noch Europa im Stand, sich wirkungsvoll zu schützen“; deshalb sei „eine Entkopplung“ von den USA „gefährlich“: „Auf viele Jahre werden wir die NATO brauchen.“ Einig war sich Maas mit Macron freilich darin, es sei entschlossen ein „starke[s] und souveräne[s] Europa“ anzustreben. Frankreichs Präsident hatte behauptet, „Europa“ werde, „wenn es sich nicht als globale Macht begreifen kann, verschwinden“. Der deutsche Außenminister teilte nun mit, er arbeite mit seinem französischen Amtskollegen an der „Idee“, einen „Europäischen Sicherheitsrat“ zu etablieren; das gehöre für ihn – als eine „wichtige Orientierungsmarke am Horizont“ – „ins Zentrum der deutschen Ratspräsidentschaft“ im zweiten Halbjahr 2020. In den Europäischen Sicherheitsrat eingebunden werden müsse trotz des Brexits auch Großbritannien.

Milliarden für den Krieg

Im Windschatten der Berliner Propagandaoffensive für eine aggressivere Außen- und Militärpolitik sind in den vergangenen Tagen mehrere voluminöse Aufrüstungsvorhaben für die Bundeswehr beschlossen worden. Bereits am Mittwoch hat der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages Rüstungsprojekte im Wert von 560 Millionen Euro gebilligt. Demnach können nun bis zu 2.200 ergänzende „Führungsausstattungen“ gekauft werden, mit denen dem Verteidigungsministerium zufolge „die Gefechts-, Führungs- und Unterstützungsfahrzeuge sowie die verlegbaren Führungseinrichtungen“ in einen „digitalen Informations- und Kommunikationsverbund“ integriert werden sollen.[6] Die Geräte werden zunächst für die NATO-„Speerspitze“ (Very High Readiness Joint Task Force, VJTF) benötigt und kosten mehr als 115 Millionen Euro. Fast 300 Millionen sind für 50 Lenkflugkörper des Typs Patriod PAC-3 MSE vorgesehen; rund 73 Millionen sind für die Überholung von 196 Kleinpanzern des Typs Wiesel eingeplant. Darüber hinaus verlangt der Verteidigungsausschuss des Bundestages die Beschaffung von 80 zusätzlichen Kampfpanzern des Typs Leopard 2A7V. Auch diese werden für die VJTF benötigt, in der die Bundeswehr aktuell die Führung innehat und diese im Jahr 2023 erneut übernehmen soll. Mit den neuen Fahrzeugen stiege die Zahl der Kampfpanzer, über die die deutschen Streitkräfte verfügen, auf über 400. Die Kosten werden mit rund einer Milliarde Euro beziffert.

Klarheit schaffen

Die Propagandaoffensive und die neuen Aufrüstungsbeschlüsse gehen der öffentlichen Vereidigung von Rekruten voraus, die die Bundeswehr am morgigen Dienstag in Plön (Schleswig-Holstein), Stralsund (Mecklenburg-Vorpommern), Rotenburg/Wümme (Niedersachsen), Freyburg (Sachsen-Anhalt), Mainz (Rheinland-Pfalz) und Berlin abhalten wird. Für den 18. November ist ein weiteres öffentliches Soldatengelöbnis in München angekündigt. Die Veranstaltungen werden auf Initiative der Verteidigungsministerin durchgeführt. Kramp-Karrenbauer hatte am 24. Juli im Reichstag in ihrer Regierungserklärung mitgeteilt, sie habe allen Ministerpräsidenten der Bundesländer den 12. November, den Gründungstag der Bundeswehr im Jahr 1955, nahegelegt: Öffentliche Gelöbnisse seien „ein starkes Signal und ein starkes Zeichen der Anerkennung für unsere Soldatinnen und Soldaten“.In der Tat halten Berliner Politiker die bis heute nicht überwältigende Zustimmung in der Bevölkerung für Auslandseinsätze der Bundeswehr für ein Problem. Bevor etwa ein nationaler Sicherheitsrat beschließe, „gemeinsam mit anderen Europäern militärische Mittel einzusetzen“, müsse „unsere Gesellschaft in der Mehrheit dazu bereit sein“, erklärte am Wochenende der einstige Außenminister Sigmar Gabriel; davon sei man „noch weit entfernt“. Eine öffentliche Debatte könne „uns gut tun“, äußerte Gabriel, „und am Ende auch Klarheit schaffen“.

„Zeigen Sie Haltung!“

In diesem Sinne hat Bundeskanzlerin Angela Merkel am Wochenende zur Teilnahme an den öffentlichen Gelöbnissen aufgefordert. Sie wolle „einfach Danke“ sagen „an alle, die in der Bundeswehr dienen“, erklärte Merkel: „Sie leisten Großartiges.“ Die Veranstaltungen am 12. November stellten „eine gute Möglichkeit“ dar, „deutlich zu machen, dass die Bundeswehr Teil unserer Gesellschaft ist“. „Ich lade Sie, die Mitbürgerinnen und Mitbürger, ein“, rief die Kanzlerin auf: „Nehmen Sie daran teil, zeigen Sie Haltung, indem Sie dort sind oder aber ihre Unterstützung anderweitig zum Ausdruck bringen.“ Beim zentralen Gelöbnis in Berlin sollen gut 400 Rekruten vereidigt werden. Als Redner ist Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble angekündigt; die Veranstaltung findet vor der Kulisse des Reichstags statt. Der Eintritt ist lediglich auf Einladung möglich – wie das Verteidigungsministerium mitteilt, „aus Sicherheitsgründen“.

Wider das Vergessen

Unter diesem Motto führt die Friedensinitiative Bruchsal am Samstag, den 9.11.19, von 15-16.30h Interessierte an Plätze in der Stadt, die Zeugnisse für den Nationalsozialismus und seine Gräuel in Bruchsal sind. Treffpunkt: Vor dem Rathauseingang. Im Anschluß daran wird ab 17h am Platz der ehemaligen Synagoge in der Friedrichstraße eine Gedenkveranstaltung stattfinden, mit der an die Zerstörung der Synagoge vor 81 Jahren durch die Nationalsozialisten erinnert wird.

 

 

 

Rede zur Gedenkfeier „Reichspogromnacht“ 9.11.2019

– Dr. Rüdiger Czolk

 

Liebe Anwesende,

 

heute wollen wir an die Nacht vom 9. auf 10. November vor 81 Jahren erinnern. Die sogenannte Reichspogromnacht. Pogrom bedeutet Verwüstung. Ich verwende bewusst nicht, den Begriff „Reichskristallnacht“ aus der Nazi-Propaganda.

Stellen Sie sich folgendes vor:

Es ist 3 Uhr in der Nacht des 10. November 1938. [1] NSDAP-Partei-Mitglieder, SA- und SS-Männer treffen sich im Gasthof „Grüner Baum“ in Bruchsal, um letzte Details zu besprechen. Dann machen sich ein 37-jähriger Truppenführer der SA aus Bruchsal und ein 39-jähriger SA-Mann aus Untergrombach mit ihren Kumpanen auf und schleppen Benzin in Kannen und Eimern zur Synagoge, die hier an dieser Stelle stand. Einer steigt durch ein Fenster in die Synagoge, öffnet von innen die Tür und gießt das Benzin in die untersten Räume. Gleichzeitig dringen die übrigen Mittäter ein und verteilen an allen brennbaren Punkten der Synagoge Benzin. Ein Streichholz wird entflammt. Die Synagoge brennt zwischen 4.30 Uhr und 6 Uhr bis auf die Grundmauern nieder. Die Feuerwehr, die heute noch hier ihr Domizil hat, hat damals auf Befehl nicht eingegriffen, obwohl sie es hätte tun können.

Dies ist ein Beispiel für den Rassismus und Antisemitismus der Nationalsozialisten.

Lange herrschte hierzulande die Meinung, dass dieser sogenannte „klassische Antisemitismus“, der sich auf rassische und religiöse Vorstellungen stützt, in Deutschland nicht mehr allzu weit verbreitet sei.

Nach dem tödlichen Terroranschlag von Halle vor ein paar Wochen mit einem rechtsextremistischen Hintergrund beginnt jetzt eine Diskussion, die von einem Wiedererstarken des Antisemitismus spricht. Doch der Antisemitismus war nie weg aus Deutschland. 

Der sogenannte „sekundäre Antisemitismus“, bei dem es vor allem um die Relativierung des Holocaust geht, und der Israel-bezogene Antisemitismus sind in Deutschland weit verbreitet. Laut Umfragen vertreten zwischen 25 bis 40 Prozent der Befragten solche Ansichten.

Wie kommt es dazu? Die Sozialpsychologin Beate Küpper von der Hochschule Niederrhein erklärt, dahinter stecke eine Täter-Opfer-Umkehr und der Versuch, die eigene Schuld zu relativieren. Ich zitiere aus einem Beitrag des Deutschlandfunks vom 10.10.19 mit dem Titel „Warum der Antisemitismus nie weg war“ [2]:

„Indem ich den Opfern Mitschuld zuweise oder sage: ‚Juden benehmen sich auch nicht immer so super‘, werden also die Opfer zu Tätern gemacht und gleichzeitig werden die Nachkommen der Täter etwas weniger zu Tätern und fühlen sich auch als Opfer. Forderungen nach einem Schlussstrich sind typisch. Oder Ärger darüber, dass den Deutschen immer noch die Verbrechen an den Juden vorgeworfen werden.

Also plötzlich ist man selber in der Opferposition und muss sich gar nicht mehr mit der eigenen Verantwortung beschäftigen.“

Oder wie es etwas markanter der israelische Psychoanalytiker Zvi Rix formuliert hat: „Auschwitz werden uns die Deutschen niemals verzeihen!“.

Vielleicht ist aber dieser Antisemitismus doch ein „importiertes Problem“?

Angespielt wird bei solchen Äußerungen auf Flüchtende aus arabischen Staaten, die bei uns einen sicheren Platz gefunden haben. Hier möchte ich noch einmal Beate Küpper zitieren:

„Wenn die Debatte zu sehr um das Thema ‚Antisemitismus aus der Einwanderungsgesellschaft‘ kreist, dann besteht die große Versuchung, das Thema von der deutschen Mehrheitsbevölkerung abzuwälzen und zu instrumentalisieren, um Neueingewanderte verantwortlich zu machen.“

Der Franzose Karim Amellal, früherer Berater von Emanuel Macron meint: „Mir kommt es so vor, als würde in Deutschland die Gefahr des islamistischen Terrorismus überschätzt – die aus dem rechtsextremen Lager aber unterschätzt.“

In einem Zeit-Online-Artikel vom 11.10.19 mit dem Titel „Der schuldabwehrende Antisemitismus hat zugenommen“ [3] erklärt der Rechtsextremismusexperte Matthias Quent, was Judenfeindlichkeit so populär macht.

Diese wird als Projektionsfläche für Probleme benutzt. Statt zu sagen, es gibt komplexe Zusammenhänge in einer arbeitsteiligen Gesellschaft, die Probleme schaffen, sagt man, hier gibt es eine böse Macht, die sorgt gesteuert für Schwierigkeiten, beispielsweise für Migration.

Wie aber damit umgehen?

Der Präsident des Dachverbands der jüdischen Institutionen in Frankreich, des CRIF. Françis Kalifat bemerkte dazu im vergangenen Februar: „Es brauche ein landesweites Aufbegehren gegen den Antisemitismus. Denn er bedroht nicht nur die jüdischen Bürger, sondern ist auch ein Signal für die geschwächte Demokratie in unserem Land.“

Dies gilt nicht nur für Frankreich sondern auch für unser Land.

Setzen wir den Allmachts- und Ohnmachtsphantasien von vor allem jungen weißen Männern, die Waffennarren sind und über ein hermetisch geschlossenes rechtsextremes Weltbild verfügen, eine bunte, weltoffene und respektvolle Idee entgegen, die Artikel 1 der Menschenrechte beherzigt: Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Enden möchte ich mit einem Zeitzeugenbericht, der erzählt, was sich nach der Pogromnacht in Bruchsal ereignete.

Hans Schmitt aus Bruchsal erinnert sich wie folgt:

„Vom Synagogenbrand ist mir folgendes Erlebnis unauslöschlich im Gedächtnis geblieben: Ich hatte an diesem Morgen bei unserem Kaplan Pius Burger in der Frühmesse zu dienen. Nach dem Gottesdienst sagte er zu mir: ‚Hans, komm wir gehen mal zur Synagoge und schauen, was da los ist!‘. Als wir hinkamen sahen wir, dass sie lichterloh brannte. Wir standen in der Nähe eines Hydranten, an welchem sich ein Feuerwehrmann zu schaffen machte. Da kam der Rabbiner gelaufen. Ich erkannte ihn an seinem Bart. Er ging zu dem Feuerwehrmann und bat mit flehender Stimme: ‚So spritzen Sie doch endlich!‘. Der antwortete: ‚Wir haben kein Wasser.‘. Das stimmte aber gar nicht. Da packte mich unser Kaplan am Arm und sagte zu mir: ‚Hans, so geht es uns auch einmal!‘.“

Gut dass Sie heute hier sind und Miteinstehen für unsere demokratischen Rechte und eine menschenfreundliche Gesellschaft.

Vielen Dank für Ihr Zuhören.

Quellen:

  1. https://landfunker.de/bruchsal-synagoge-bruchsal/
  2. https://www.deutschlandfunk.de/nach-dem-anschlag-in-halle-warum-der-antisemitismus-nie-weg.724.de.html?dram:article_id=460747
  3. https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-10/antisemitismus-halle-rechtsextremismus-matthias-quent/komplettansicht

Diese Rede wurde nicht gehalten (HansJR.)

 

 

Einige von Ihnen fragen sich sicherlich,warum stehen wir hier eigentlich seit 30 Jahren jedes Jahr und gedenken an die Reichspogromnacht und das Niederfackeln der Synagogen in der ganzen Republik. Berthold Brecht hat einmal gesagt: „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das Kroch“.

Und leider hat es sich bestätigt. Jetzt kommen sie überall aus ihren Mauselöchern heraus und nicht nur bei uns, sondern in ganz Europa. Seit längerer Zeit müssen wir beobachten, dass die neofaschistische Szene sich zunehmend aggressiver, bewaffnet und gewaltbereit agiert. Der Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke am 2. Juni war dafür ein deutliches Zeichen. Und dann wieder am 9. Oktober haben Neonazis in Halle erneut ihre Gewaltbereitschaft unter Beweis gestellt. Mit diesen rechtsextremistischen Anschlägen wird uns einmal mehr die Gefahr und Brutalität des Rechtsextremismus vor Augen geführt. Deswegen dürfen wir im Einsatz gegen Rechts nicht nachlassen. Gleichzeitig wird das gesellschaftliche Klima immer rauer; Rassismus und Fremdenfeindlichkeit haben eine Massenbasis gefunden.

Es bleibt die Aufgabe meiner Generation die Erinnerung wachzuhalten. Nazis und ihr Gedankengut sind nicht plötzlich wieder aufgetaucht, sie sind nie weg gewesen.

Nach den Morddrohungen gegen grüne Spitzenpolitiker sieht Innenminister Seehofer eine „Verrohung unserer Gesellschaft“. Die Bestürzung über die Drohungen reicht von den Linken bis zur CSU. Die Behörden melden, sie hätten die Unterzeichner des Drohbriefs im Blick.

Am Wochenende war bekannt geworden, dass Özdemir und Roth von einem als gefährlich eingestuften Rechtsextremisten-Netzwerk mit dem Tode bedroht werden. Die Morddrohungen haben parteiübergreifend Bestürzung ausgelöst.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sprach in der „Süddeutschen Zeitung“ von einer „hochproblematischen Verrohung unserer Gesellschaft“. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch bezeichnete die Drohungen als „Folge eines vergifteten gesellschaftlichen Klimas“.

Die Erfahrung von Auschwitz, der Kalte Krieg, der Balkankrieg, welchen Faden wir auch immer aufnehmen, hinter der nächsten oder übernächsten Ecke führt er zu einem Massengrab.

In diesen Zeiten zeigt sich, wie wichtig und aktuell die Gedenk- und Erinnerungsarbeit ist! Es gilt, die Lehren aus der Vergangenheit zu bewahren: Nie wieder Faschismus!

Verehrte Anwesende!

»Wir sind zutiefst beschämt, dass nach den ungeheuren Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes rechtsextremistische Ideologie in unserem Land wieder eine blutige Spur unvorstellbarer Mordtaten hervor gebracht hat.

Leider sind die NSU-Morde nicht umfassend aufgeklärt.

Rechtsextreme, Rassisten und verfassungsfeindliche Parteien haben in unserem demokratischen Deutschland keinen Platz. Es ist unsere Aufgabe, dem Vormarsch der extremen Rechten entgegenzutreten, bevor diese weiter an Einfluss und Macht gewinnen.

Wir demonstrieren und treten ein für

  • eine Gesellschaft in der alle, unabhängig von Glaube, Geschlecht, sexueller Orientierung, Herkunft und sozialem Status gleichberechtigt, frei und ohne Angst leben können
  • die Aufnahme und gesellschaftliche Teilhabe von Menschen, die vor Verfolgung, Krieg, Hunger und Not flüchten
  • das Erinnern an die Verbrechen des NS-Regimes und das Gedenken an dessen Opfer
  • Solidarität mit allen Menschen, die von Armut, Ausgrenzung und Verfolgung bedroht sind
  • die Freiheit von Wissenschaft, Kultur und Medien

Unsere Antworten auf Rassismus, Chauvinismus und Sexismus sind Gerechtigkeit, Wertschätzung, Gleichberechtigung und Solidarität!

Ich möchte mit den Worten des diesjährigen Büchner-Preisträgers Lukas Bärfuss enden, der in seiner Rede darauf aufmerksam gemacht hat, dass die Zeitzeugen des Faschismus allmählich sterben und es nun an uns sei, Erzählformen zu finden, literarische wie journalistische, um das Erinnern wachzuhalten. Darin stecke die Hoffnung, neue Formen von Faschismus aufhalten zu können

Schwur von Buchenwald (Auszug)

…Wir führten in vielen Sprachen den gleichen harten, erbarmungslosen, opferreichen Kampf, und dieser Kampf ist noch nicht zu Ende. Noch wehen Hitlerfahnen! Noch leben die Mörder unserer Kameraden! Noch laufen unsere sadistischen Peiniger frei herum!
Wir schwören deshalb vor aller Welt auf diesem Appellplatz, an dieser Stätte des faschistischen Grauens:
Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht!
Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.
Das sind wir unseren gemordeten Kameraden, ihren Angehörigen schuldig. Zum Zeichen Eurer Bereitschaft für diesen Kampf erhebt die Hand zum Schwur und sprecht mir nach:
,WIR SCHWÖREN! ,

Buchenwald/Weimar 19.April 1945

43. Markgräfler Friedenswochen – Entschieden für Frieden und gegen rechte Hetze!

Im November finden wieder die Markgräfler Friedenswochen statt, in diesem Jahr zum 43. Mal. Und wieder widmen sie sich Themen des  inneren und äußeren Friedens.
Zum einen ist es die Auseinandersetzung mit  dem Erstarken neofaschistischer Kräfte in Deutschland, die sich nicht scheuen, die Verbrechen der Nazi Zeit zu verharmlosen und neues völkisch nationalistisches Unheil über die Menschen bringen wollen.
Ein Spielfilm von Louis Malle über das Schicksal jüdischer Kinder im besetzten Frankreich 1944 zu Beginn der Friedenswochen am 6. November zeigt eindringlich die grausame Realität der Nazi Herrschaft.
Was diese für die jüdischen Müllheimer bedeutete, daran erinnert der Friedensrat mit einem Schweigemarsch am 9. November anläßlich ders Jahrestages der Reichspogramnacht, in der auch die Synagoge ín Müllheim geschändet wurde. Zugleich bedeutet diese Veranstaltung auch ein Aufstehen gegen heutige Nazis, die sich wie in Halle nicht scheuen, auch wieder jüdische Menschen anzugreifen.
Tödlich endet 1942 eine Liebe in Niederweiler. Weil er eine deutsche Frau liebte, wurde der polnische Zwangsarbeiter Julian Garlewicz von den Nazis gehängt.  Am Jahrestag der Hinrichtung von Julian Garlewicz, am 13. November findet eine Gedenkveranstaltung auf dem Alten Friedhof in Niederweiler statt.
Die Veranstaltung „und führen wohin du nicht willst“ des  Arbeitskreis Frieden im Evang. Kirchenbezirk am 19. November geht unter anderem der Frage nach, welche Konsequenzen die Badische Landeskirche aus der Nazi Zeit gezogen hat.
Zwei große Krieg erlebten die Menschen im letzten Jahrhundet. Kaum war der erste Weltkrieg beendet, hetzten rechte Kreise schon zum zweiten großen Krieg. Am Volkstrauertag, den 17. November, wird der Opfer von Krieg und Gewalt gedacht. Der Friedensrat setzt sich ein für einen Volkstrauertag ohne Militär, weil den bisherigen Opfern keine neuen hinzugefügt werden sollen.
An diesem Tag laden Gerhard Stichling und Theo Ziegler für den Arbeitskreis Frieden des Evang. Kirchenbezirks zu Lyrik und Musik für den Frieden in die Evang. Kirche Gallenweiler ein.
Kriege werden gemacht. Von denen, die sich davon Gewinn versprechen, in ökonomischer oder politischer Hinsicht. Der größte deutsche Waffenproduzent Rheinmetall unterhält auch in Neuenburg eine Produktionsstätte. Im Rahmen der Kampagne „Aufschrei – stoppt den Waffenhandel“ findet am 20.November vor der  Rheinmetall Waffe Munition eine Mahnwache gegen die Produktion von Kriegsgerät statt.
Kriege werden auch vom Markgräflerland aus geführt. Müllheim ist Stationierungsort der Deutsch-Französischen Brigade, einem militärischen Großverband, der dazu bestimmt ist, Kriege in aller Welt zu führen. Darauf aufzumerksam zu machen, veranstaltet der Friedensrat am 27. November vor der Kaserne der Brigade in Müllheim eine Mahnwache.
Dieses Jahr reichen die Markgräfler Friedenswochen sogar über den November hinaus und enden erst am 3. Dezember. An diesem Tag  beschäftigt sich Andreas Zumach im Markgräfler Gymnasium unter der Überschrift „Warum wir einen neue EKD Ostdenkschrift brauchen!“ mit dem aktuellen deutsch-russischen Verhältnis.

Krieg um Nordsyrien IV

Foto: Wikipedia

BERLIN/DAMASKUS (German-foreign  Bericht) – Auch nach dem vorläufigen Scheitern der deutschen Pläne für den Aufbau einer westlichen Besatzungszone in Nordsyrien haben Außenpolitikexperten in Berlin Optionen für die mögliche Entsendung deutscher Soldaten in das Land im Blick. Es sei denkbar, dass Moskau durch anhaltende Attacken des IS in Syrien unter Druck gerate und um UN-Truppen zur Unterstützung im Kampf gegen die Jihadisten bitte, mutmaßt der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger: Dann könne womöglich der „Schutzzonen“-Plan der deutschen Verteidigungsministerin zur Anwendung kommen. Ähnliche Überlegungen werden bei der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) angestellt: Bleibe Syrien „auch nach einem Ende der Kampfhandlungen instabil“, könne vielleicht ein UN-Beobachtungseinsatz erzwungen werden. Militärplaner entwickeln unterdessen Interventionsszenarien, die einen Einsatz von bis zu drei deutschen Kampfbataillonen vorsehen. Der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, fordert die beschleunigte Aufrüstung Deutschlands und der EU.

Vorläufig gescheitert

Nach dem Ausbleiben ernsthafter Zustimmung auf dem Treffen der NATO-Verteidigungsminister für den Plan von Annegret Kramp-Karrenbauer, eine westliche Besatzungszone („Schutzzone“) in Nordsyrien zu errichten, hat am Wochenende Außenminister Heiko Maas den Vorstoß de facto für gescheitert erklärt. „Überall wird uns gesagt, das sei kein realistischer Vorschlag“, sagte Maas am Samstag in Ankara nach ausführlichen Gesprächen mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Çavuşoğlu, um seine Kabinettskollegin öffentlich abzukanzeln: „Für Dinge, die im Moment eher theoretischen Charakter haben, hat uns die Zeit gefehlt, weil den Menschen in Syrien die Zeit für theoretische Debatten fehlt.“

„Unfassbar“

Maas‘ ungewöhnliches Vorgehen ist in der Bundesregierung umgehend auf heftige Kritik gestoßen. Es sei „seit Jahrzehnten für jeden Politiker klar, dass man vom Ausland aus weder Politiker der Opposition noch der eigenen Regierung kritisiert“, hielt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier auf Twitter fest. Maas‘ Distanzierung von Kramp-Karrenbauer in Ankara sei „total daneben“, protestierte der parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Thomas Bareiß; sie stehe „nicht nur gegen jede diplomatische Gepflogenheit“, sondern sei „stillos und auch gegen unsere deutschen Interessen“. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen wurde mit der Äußerung zitiert: „Das ist ein peinlicher Moment deutscher Außenpolitik“. Ähnlich positionierten sich mehrere Abgeordnete der Opposition. Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff etwa nannte es „unfassbar“, dass der Außenminister die Verteidigungsministerin „im Ausland“ brüskiere – „mit einem fremden Außenminister, der feixend beipflichtet“.

Deutschlands Hebeld

Dessen ungeachtet suchen deutsche Außenpolitiker weiterhin nach Möglichkeiten, in Syrien Einfluss zu nehmen und die geplante Besatzungszone, wenngleich mit Verspätung, doch noch zu errichten. „Die türkisch-russische Einigung ist womöglich keine nachhaltige Lösung“, vermutet etwa der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger: Unter anderem aufgrund der fortdauernden Aktivitäten des IS seien „die Gefahren in der Region … real“. Ischinger schließt nicht aus, dass Russland – fürchtend, durch stetige Attacken etwa des IS in einen Abnutzungskrieg gezogen zu werden – „ein Interesse daran entwickelt, die Verantwortung für den Einsatz an die UN zu übertragen“: „Dann käme ihm die Initiative von Annegret Kramp-Karrenbauer vielleicht durchaus gelegen.“ Schon zuvor hatte Ischinger geurteilt, Moskau werde Syriens Wiederaufbau kaum alleine bezahlen können: „Ich bin sicher, dass diese Rechnung am Ende der EU präsentiert wird.“ Dies wiederum biete „uns einen Hebel: Wenn wir schon zur Kasse gebeten werden, sollten wir zur Bedingung machen, dass die Vereinten Nationen das weitere Vorgehen im Syrienkonflikt legitimieren.“

 

Weiterhin instabil

Bei der vom Kanzleramt finanzierten Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) werden ähnliche Überlegungen angestellt. So urteilt Muriel Asseburg, eine Nahost-Expertin der SWP, die 2012 das Projekt „The Day After“ betreut hatte, in dem syrische Exiloppositionelle in Berlin Pläne für den Neuaufbau Syriens nach dem erhofften Sturz von Präsident Al Assad entwickelten, Syrien werde „auch nach einem Ende der Kampfhandlungen instabil bleiben“, und zwar nicht nur im Nordosten. Womöglich werde sich dann früher oder später die Frage stellen, ob man eine „internationale Stabilisierungsmission“ einrichten solle – mutmaßlich einen Beobachtungseinsatz der Vereinten Nationen. UN-Beobachter könnten dann „vor allem an den Punkten im Land“ stationiert werden, „wo sich die Siedlungsgebiete verschiedener Bevölkerungsgruppen überlappen“. Man werde in diesem Falle darüber nachzudenken haben, „wie Deutschland und die Europäer zur Stabilisierung der Lage beitragen können“.

„Darüber kann man reden“

Darüber hinaus ist Berichten zufolge nicht ausgeschlossen, dass deutsche Soldaten in Nordsyrien in Absprache mit der Türkei eingesetzt werden. Während Außenminister Çavuşoğlu nach seiner Zusammenkunft mit seinem deutschen Amtskollegen erklärte, Kramp-Karrenbauers Vorschlag sei „nicht sehr realistisch“, teilte Verteidigungsminister Hulusi Akar mit, grundsätzlich habe man ihren Vorstoß „positiv“ aufgenommen: „Das ist ein Thema, worüber man reden kann“. Ankara sei bereit, die deutschen Pläne zu prüfen, sobald „mehr Details darüber“ vorlägen. Man müsse feststellen, ob das Vorhaben Berlins mit den türkischen Vorstellungen „konform“ gehe und mit ihnen „kombiniert“ werden könne.Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich am gestrigen Sonntag telefonisch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan über die Lage in Nordsyrien ausgetauscht. Man werde darüber in engem Kontakt bleiben, teilte eine Regierungssprecherin anschließend mit.

„Ohne Wenn und Aber“

Gleichzeitig treibt Berlin die militärischen Planungen weiter voran. Wie Ende vergangener Woche bekannt wurde, sieht das aktuelle Konzept vor, dass die Bundeswehr in einem Sektor von rund 40 Kilometern Breite und 30 Kilometern Tiefe die Führung über eine multinationale Truppe erhält. Dazu würden, heißt es, rund 2.500 Soldaten benötigt; die Rede ist von einem „kompletten Paket“ inklusive Aufklärung, Spezialkräften und schwerer Bewaffnung, darunter Panzerhaubitzen und Radpanzer vom Typ „Boxer“. Auch Luftunterstützung soll geleistet werden: Neben den Tornado-Aufklärungsfliegern stünden dazu Eurofighter-Kampfjets zur Verfügung, heißt es. Klar sei, dass die Bundeswehr, sollte es doch noch zu dem Einsatz kommen, ein „robustes“ Mandat benötige, äußert Ischinger: „Unsere Soldaten müssen schießen dürfen, wenn sie bedroht werden. Ohne Wenn und Aber, und notfalls auch bevor man selbst beschossen wird.“

Ein Nationaler Sicherheitsrat

Ischinger dringt zudem darauf, auch jenseits der Frage, ob es noch zu einer Intervention in Syrien kommt, die Aufrüstung der Bundeswehr mit aller Macht voranzutreiben. Die Forderung, den Militärhaushalt auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben, solle „nur der Anfang der Debatte“ sein, erklärt der einflussreiche Diplomat: Zwar gehe es aktuell „nicht um einen Dritten Weltkrieg“; dennoch gebe es „in dieser neuen Welt Gefahren …, auf die man reagieren können muss, notfalls auch mit militärischen Mitteln“. Um dies leisten zu können, müssten in der EU „Mehrheitsentscheidungen in der Außenpolitik“ eingeführt werden; in der Bundesrepublik müsse der Parlamentsvorbehalt „angepasst werden“. Darüber hinaus gelte es, den Bundessicherheitsrat systematisch zu nutzen und ihn mit einem „angemessenen professionellen Unterbau“ zu versehen. Damit schließt sich Ischinger, ohne den Begriff zu erwähnen, der Forderung nach Schaffung eines deutschen Nationalen Sicherheitsrats an (german-foreign-policy.com berichtete).

Der Rückzug der US-Truppen aus Nordsyrien hat jedoch einen Haken. Die USA wollen 700 ihrer bisher in Nordsyrien stationierten Soldaten in den Westirak verlegen, um angeblich die Ölfelder gegen den IS zu sichern. Das teile Verteidigungsminister Mark Esper mit. Diesen Plan habe er bereits mit der irakischen Regierung abgestimmt. Zwischen 200 und 300 US-Soldaten sollen demnach im südsyrischen Stützpunkt in Al-Tanf verbleiben. In Wirklichkeit wollen sie die Ölfelder in der Provinz Deir Essor besetzen, um so das Assad-Regime zu schwächen, da sie mit einem Regime-Change gescheitert sind.

Hier könnt ihr weiterlesen

https://www.tagesschau.de/ausland/syrien-usa-oelfelder-103.html

Krieg wegen angeblichen Giftgasangriff der syrischen Armee im April 2018…

Ein angeblicher Giftgasangriff der syrischen Armee wurde im April 2018 als Begründung für einen massiven Militärschlag der USA, Großbritanniens und Frankreichs herangezogen. Schon unmittelbar nach dem Vorfall gab es erhebliche Zweifel an der „Giftgasthese“. Diese Zweifel wurden jedoch von Medien und Politik unter Verweis auf einen Bericht der OPCW vom Tisch gefegt. Dieser Bericht ist jedoch selbst innerhalb der OPCW höchst umstritten. Karin Leukefeld hatte die Gelegenheit, für die NachDenkSeiten an einem Forum teilzunehmen, auf dem nun ein Whistleblower aus dem Untersuchungsteam der OPCW dem Bericht der Organisation massiv widerspricht.

 

https://www.nachdenkseiten.de/?p=55809

Einladung zum Kongress: Herausforderung für Wissenschaft zwischen Krieg und Friede

 

Die Welt steht vor zwei existenzbedrohenden Herausforderungen: die Klimakatastrophe und die atomare Bedrohung. Wissenschaft und Technologie sind für beide mit verantwortlich.

Wissenschaft und Technologie sind Teil des Problems, aber sind sie auch Teil der Lösung?

Um Krieg zu führen, braucht es die Wissenschaft. Braucht die Wissenschaft den Krieg?

Der Zugriff militärischer Einrichtungen auf Forschungsergebnisse, auch der Universitäten, ist essentiell für die Kriegsführung und -vorbereitung. Wie können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Forschung der militärischen Nutzung entziehen? Welchen Beitrag können sie leisten für eine friedliche Forschung? Angesichts der Klimakatastrophe, der Eskalationsspirale im Atomwaffenkonflikt zwischen den USA und dem Iran, der Aufkündigung des INF-Vertrages, nuklearer Aufrüstung und dem 2-Prozent-Ziel der NATO, stellen sich diese Fragen in drängender Weise. Das Thema des Kongresses greift aktuelle Entwicklungen in der globalen Konfliktlage auf und will sie in einen gesellschaftspolitischen Zusammenhang stellen.

Der Eintritt ist frei. Wir bitten um Anmeldung unter info@natwiss.de.

Kongress: Herausforderung für Wissenschaft zwischen Krieg und Frieden
Samstag, den 23. November | 10-18:15 Uhr
Campus Graphisches Viertel, Salomonstraße 10, 04103 Leipzig

Download des Programms >

Programm

9:00 Uhr Kaffee und Registrierung

10:00 Uhr Begrüßung
Malte Albrecht (NatWiss)

10:15 Uhr Vortrag I mit Diskussion
Aktuelle Herausforderungen für den Frieden in Wissenschaft und Politik
Jürgen Scheffran (NatWiss)

11:15 Uhr Vortrag II mit Diskussion
Das Technik-Fossil: Zur strukturellen Prägung der Technik im Kapitalismus und die Friedensfrage
Wolfgang Neef (TU Berlin)

12:15 Uhr Gedanken zum Whistleblowing
Gerhard Baisch (IALANA)

12:35 Uhr Mittagspause

13:45 Uhr Arbeitsgruppen I und II
Handlungsperspektiven in der Wissenschaft und der Gesellschaft: Welche Rollen können Whistleblower in der Wissenschaft spielen?
AG I: Malte Albrecht; AG II: Sibylle Brosius (NatWiss)

14:45 Uhr Offene Gesprächsrunde: Frieden in Forschung und Lehre
Einführende Bemerkungen und Gesprächspartnerinnen: Swetlana Paul (Universität Leipzig) und Kathryn Nixdorff (em. TU Darmstadt); Moderation: Sibylle Brosius

16:45 Uhr Abschlussrunde
Handeln für eine Welt ohne Atomwaffen: Was kann der Friedensbeitrag der Universitäten sein?
Podiumsdiskussion: Uta Zapf (SPD), Reiner Braun (NatWiss, IPB), Sören Pellmann (DIE LINKE, angefragt), Mike Nagler (attac); Moderation: Lisann Drews (IPPNW)

18:15 Uhr Ende

Quelle:

NaturwissenschaftlerInnen-Initiative für Frieden und Zukunftsfähigkeit

Marienstr. 19/20 · 10117 Berlin
www.natwiss.de
info@natwiss.de

Friedensprozesse in Syrien durch den Anstoß einer Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in der Region zu stärken.

Der Militäreinsatz der Türkei in Nordsyrien ist ein weiterer Verstoß eines NATO-Staates gegen das Völkerrecht. Er führt zu einer neuerlichen Eskalation der Situation in Syrien und einer Gefährdung der Zivilbevölkerung in den überwiegend kurdisch besiedelten Gebieten. Wir wenden uns deshalb mit einem Appell an die Bundesregierung und den Bundestag, um die völkerrechtswidrige Offensive zu stoppen.

Die diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei für bilaterale Gespräche zu nutzen, um von der türkischen Regierung einen Stopp des Militäreinsatzes zu fordern;
alle deutschen Rüstungsexporte in die Türkei umgehend und vollständig zu stoppen;
ihren Einfluss im UN-Sicherheitsrat geltend zu machen und gemeinsam mit anderen Mitgliedsstaaten den völkerrechtswidrigen Militäreinsatz nicht nur zu verurteilen, sondern alle verfügbaren diplomatischen Mittel auszuschöpfen, um diesen zu stoppen;
gleichzeitig die militärische Zusammenarbeit mit der Türkei als ein Land, das einen Angriffskrieg führt, im Rahmen der NATO in Frage zu stellen;
die Friedensprozesse in Syrien durch den Anstoß einer Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in der Region zu stärken.

Quelle: Friedenskooperative

Krieg um Nordsyrien (III)

 

BERLIN/DAMASKUS (German-foreign Bericht) – Die Bundeswehr soll im Norden Syriens intervenieren. Dies verlangen einflussreiche deutsche Politiker im Zusammenhang mit der Forderung von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, die europäischen NATO-Staaten sollten in dem Gebiet, mit dessen Eroberung die Türkei vor zwei Wochen begonnen hat, eine Besatzungszone errichten. Die Rede ist von mehreren zehntausend Soldaten. Das eröffnete Berlin eine eventuell langfristige militärische Präsenz auf syrischem Territorium und sicherte Deutschland neue Einflusshebel im Nahen und Mittleren Osten, wo der Westen zuletzt eine Schwächung seiner Stellung gegenüber Moskau hinnehmen musste. Die Stationierung deutscher Soldaten in Nordsyrien brächte außerdem die bereits vor Jahren verkündeten Pläne der Berliner Außenpolitik voran, in der Region nachzurücken und die westlichen Positionen auszubauen, während die Vereinigten Staaten ihre militärischen Kräfte vor allem auf den Machtkampf gegen China fokussieren. Allerdings haben sich am gestrigen Dienstag Moskau und Ankara auf ein Konzept geeinigt, das die militärische Kontrolle über die fraglichen Gebiete zwischen der Türkei und Russland aufteilt.

Eine westliche Besatzungszone

Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte am Montag die Einrichtung einer westlichen Besatzungszone in Nordsyrien gefordert. Es gehe um die „Schaffung einer international kontrollierten Sicherheitszone“, erklärte sie; „Ziel“ müsse es sein, die Lage in dem Gebiet, dessen Eroberung die türkische Armee bis zum Beginn einer Feuerpause am vergangenen Donnerstag gestartet hatte, „zu deeskalieren“.Der Plan sei mit den Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich abgestimmt und solle am Donnerstag und am Freitag beim Treffen der NATO-Verteidigungsminister weiter vorangetrieben werden. In Berlin heißt es, es gehe vor allem um die Stationierung von Truppen europäischer NATO-Mitglieder, darunter auch Einheiten der Bundeswehr. Mit Blick auf die Kräfteverhältnisse – die maßgeblichen Absprachen über Syrien sind zuletzt von Russland und der Türkei getroffen worden – kündigte Kramp-Karrenbauer an, „unter Einbeziehung der Türkei und Russlands“ vorgehen zu wollen. Die Ministerin äußerte auch, die Ansiedlung syrischer Flüchtlinge in der Besatzungszone solle möglich sein. Dies ist eines der zentralen Ziele, die Ankara mit seinem Einmarsch in Nordsyrien verfolgt.

Zehntausende Soldaten

Deutsche Politiker hatten bereits zuvor mehrmals gefordert, Truppen aus der EU in Nordsyrien zu stationieren. Unmittelbar nach dem Beginn der türkischen Invasion hatte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Alexander Graf Lambsdorff, erklärt, nötig sei „eine von Deutschland angestoßene und getriebene EU-Initiative“ zur Errichtung einer „Pufferzone zwischen Syrien und der Türkei“, in der „eine UN-Blauhelm-Mission“ installiert werden solle. Man müsse „so schnell wie möglich“ klären, „wer die Pufferzone in Zukunft verwalten soll, wer dort leben soll und wie groß sie wird“. Wenig später hatte der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter verlangt, eine „humanitäre Schutzzone“ unter westlicher Besatzung auf syrischem Territorium zu etablieren. Kiesewetter sprach sich für die Entsendung von 30.000 bis 40.000 Militärs aus den EU-Staaten aus. Er fügte hinzu, „natürlich“ müsse man dabei „bereit sein, … auch die Bundeswehr“ an der Intervention zu beteiligen.

Der Pivot to Asia

Der deutsche Vorstoß folgt unmittelbar auf die Ankündigung der Trump-Administration, die US-Militärpräsenz in Syrien massiv zu reduzieren. Im Grundsatz entspricht dies Washingtons Plan, die eigenen Truppen aus dem Nahen und Mittleren Osten zurückzuholen, um sie in vollem Umfang gegen China in Stellung bringen zu können. Bereits US-Präsident Barack Obama beabsichtigte das und trieb das Vorhaben unter dem Schlagwort „Pivot to Asia“ voran. Einen Rückschlag brachte dann allerdings der Aufstieg des IS, der das US-Militär wieder im Mittleren Osten band. Donald Trump unternimmt nun einen neuen Anlauf. Die Modalitäten seines Vorgehens sind in Washington schwer umstritten. Trump hat nach heftigen Auseinandersetzungen im US-Establishment zugesagt, nicht nur die Stationierung von Truppen bei Al Tanf in der ostsyrischen Wüste aufrechtzuhalten; dort kontrollieren sie die zentrale Straßenverbindung aus Bagdad nach Damaskus sowie weiter in den Libanon, die seit dem Einflussgewinn proiranischer Milizen im Irak und in Syrien prinzipiell für iranische Transporte aller Art offensteht. Der US-Präsident hat nun auch eingewilligt, die in Nordostsyrien liegenden Ölfelder unter der Kontrolle von US-Truppen zu belassen. Die anhaltende – völkerrechtswidrige – US-Besatzung zweier Gebiete in Syrien sichert Washington auf absehbare Zeit eine strategische Präsenz.

Ordnungsmacht im Krisenbogen

Berlin stößt nun nach. Das entspricht dem seit Jahren diskutierten transatlantischen Konzept, nach dem geplanten US-Truppenabzug die Kontrolle über den Nahen und Mittleren Osten sowie über Nordafrika in deutsch-europäische Hände zu legen, um die Hegemonie des Westens zu sichern. Die Absicht fand unter anderem Eingang in ein umfassendes Strategiepapier, das im Herbst 2013 von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) gemeinsam mit dem German Marshall Fund of the United States (GMF) unter Einbindung einflussreicher Multiplikatoren nicht zuletzt aus führenden Tages- und Wochenzeitungen erstellt und publiziert wurde. In dem Papier („Neue Macht, neue Verantwortung“  heißt es, die Bundesrepublik solle sich – „besonders dann, wenn es um aufwendige und längerfristige militärische Einsätze geht – in erster Linie auf das zunehmend instabil werdende europäische Umfeld von Nordafrika über den Mittleren Osten bis Zentralasien“ konzentrieren. Integriert worden ist das Konzept zudem in das Weißbuch der Bundeswehr. Findet sich in dem Dokument mehrfach der Hinweis auf einen „Krisenbogen von Nordafrika über die Sahelzone, das Horn von Afrika, den Nahen und Mittleren Osten bis nach Zentralasien“, so wurden Berliner Regierungsberater im Verlauf der Vorbereitungen für das Weißbuch immer wieder mit Äußerungen zitiert, Deutschland müsse in der Region „ordnungspolitische Verantwortung“ übernehmen; dies liefere die „Gründe dafür, warum wir Streitkräfte haben“.

„In allen Krisen präsent“

Im deutschen Establishment ist das Vorhaben unverändert präsent. Erst kürzlich hieß es in einer führenden deutschen Tageszeitung, der „Korridor“ von Nordafrika bis in den Nahen und Mittleren Osten sei unverändert „durch Terror und Unterdrückung, durch Bürger- und Glaubenskriege gekennzeichnet“. Konflikte und Kriege reichten von der Sahelzone und Libyen über den Sudan und den Jemen bis nach Iran. „In allen Krisen“, hieß es weiter, sei die Bundesrepublik inzwischen „mit diplomatischen Ausgleichsversuchen, mit humanitärer Hilfestellung sowie mitunter mit militärischen und zivilen Sicherheitsbeiträgen beteiligt“. „Weniger Einfluss“ habe Berlin lediglich „auf die Zukunft Syriens“. Ein Einsatz der Bundeswehr in Nordsyrien würde dies ändern. Bislang werden in den deutschen Eliten keine prinzipiellen Einwände geäußert. Medien, die als liberal gelten, üben allenfalls taktische Manöverkritik. So heißt es etwa, es sei ein Fehler, dass die Verteidigungsministerin und nicht Kanzlerin Angela Merkel persönlich „die Öffentlichkeitsarbeit“ für den geplanten Syrien-Einsatz eingeleitet habe; darüber hinaus sei die SPD nicht hinlänglich eingebunden worden. Die Formulierungen sind geeignet, ablehnende Haltungen in der Bevölkerung zu kanalisieren. Der Beitrag mündet freilich in die Behauptung, die Installation einer Besatzungszone in Nordsyrien sei „richtig“.

In letzter Sekunde

Im Hinblick auf ihren Vorstoß zur Schaffung einer westlichen Besatzungszone in Syrien legt die Verteidigungsministerin Wert auf die Feststellung, es handle sich um einen „Impuls und eine politische Initiative von Deutschland“. Tatsächlich tritt die Bundesrepublik, die bislang gegenüber der Öffentlichkeit stets vorgegeben hatte, lediglich an der Seite der USA (Kosovo, Afghanistan) oder Frankreichs (Mali, Krieg gegen den IS) zu operieren, nun erstmals offiziell als militärische Führungsmacht auf. Kramp-Karrenbauers Vorstoß erfolgt gleichsam in letzter Sekunde: Am gestrigen Dienstag haben sich der russische Präsident Wladimir Putin und sein türkischer Amtskollege Recep Tayyip Erdoğan darauf geeinigt, den Abzug der syrisch-kurdischen YPG aus einem 30 Kilometer breiten Landstreifen südlich der syrisch-türkischen Grenze zu erzwingen, um dann die militärische Kontrolle über die betreffenden Gebiete Nordsyriens de facto zwischen Russland und der Türkei aufzuteilen. Wie sich dieses Vorhaben zu einer potenziellen westlichen Besatzungszone verhält, ist nicht klar.

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In der Zwischenzeit haben sich Putin und Erdogan in Sotschi bei ihrem Treffen geeinigt.  Die Feuerpause wird verlängert, die Kurden (YPG) ziehen sich zurück und die türkische Pufferzone wird verkleinert. Die von Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer  am Montag geforderte  Einrichtung einer westlichen Besatzungszone in Nordsyrien ist nicht mehr Thema. Frankreich und andere EU-Staaten kritisierten den Alleingang von Annegret Kramp-Karrenbauer. Die Türkei will in der sogenannten Pufferzone Flüchtlinge aus Syrien ansiedeln.