Der Wortbruch – Spannungen zwischen Russland und der Nato. »Man kann sich auf die amerikanischen Politiker nicht verlassen.«

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Das Interview mit Prof. Konrad Raiser erfolgt vor dem Hintergrund
aktueller Spannungen zwischen Russland und der Nato.

Dazu wurden nachfolgend einige Quellen zusammen gestellt:

Die Wurzeln des aktuell neu entflammten Ost-West-Konfliktes liegen
u.a. im Jahr 1990, wie „Der Spiegel“ am 22.11.2009 berichtete:

https://www.spiegel.de/politik/absurde-vorstellung-a-a18a7cab-0002-0001-0000-000067871653?context=issue

ZEITGESCHICHTE
»Absurde Vorstellung«
Russlands Präsident Medwedew wirft dem Westen Wortbruch vor.

Die Nato-Osterweiterung verstoße gegen Zusagen, die 1990 in den
Verhandlungen zur deutschen Einheit gegeben worden seien.

Dokumente aus westlichen Archiven stützen den russischen Verdacht.

22.11.2009

(…)

So sprach Genscher am 10. Februar 1990 zwischen 16 und 18.30 Uhr
mit Schewardnadse, und der bis vor kurzem geheim gehaltene deutsche
Vermerk hält fest:

»BM (Bundesminister): Uns sei bewusst, dass die Zugehörigkeit eines
vereinten Deutschlands zur Nato komplizierte Fragen aufwerfe. Für uns
stehe aber fest: Die Nato werde sich nicht nach Osten ausdehnen.«

Und da es in dem Gespräch vor allem um die DDR ging, fügte Genscher
ausdrücklich hinzu: »Was im Übrigen die Nichtausdehnung der Nato
anbetreffe, so gelte dieses ganz generell.«

Schewardnadse antwortete, er glaube »allen Worten des BM«.

(…)

Unumstritten ist, was der US-Außenminister am 9. Februar 1990 im
prachtvollen Katharinensaal des Kreml erklärte. Das Bündnis werde
seinen Einflussbereich »nicht einen Inch weiter nach Osten ausdehnen«,
falls die Sowjets der Nato-Mitgliedschaft eines geeinten Deutschland zustimmten.

Darüber werde man nachdenken, meinte Gorbatschow und fügte hinzu, ganz
gewiss sei eine »Expansion der Nato-Zone inakzeptabel«.

Auch 20 Jahre später reagiert Gorbatschow noch empört, wenn er auf
diese Episode angesprochen wird: »Man kann sich auf die amerikanischen
Politiker nicht verlassen.«

Denn Baker verbreitet inzwischen eine andere Lesart seines Auftritts.
Er habe 1990 doch nur über Ostdeutschland gesprochen, das eben einen
Sonderstatus im Bündnis erhalten sollte. Über mehr nicht.

Dabei hatte Genscher einen Tag später im Gespräch mit Schewardnadse
seinerseits ausdrücklich auf Osteuropa Bezug genommen, schließlich
entsprach es der Logik der westlichen Position, auch über Osteuropa zu reden.

Wenn man schon Ostdeutschland einen besonderen Status in der Nato
zuerkennen wollte, um die sowjetische Führung nicht zu provozieren,
dann musste die Zusage einer Nichterweiterung im Osten erst recht
Länder wie Ungarn, Polen und die CSSR einschließen, die direkt an die
Sowjetunion grenzten.

Als die westlichen Politiker einige Wochen später wieder unter sich
waren, redeten sie denn auch Tacheles, wie aus einem jetzt zugänglich
gewordenen Dokument des Auswärtigen Amtes hervorgeht.
 
Es sehe so aus, »als wollten sich zentraleuropäische Staaten der Nato
anschließen«, meinte Baker. Das sei eine Frage »an der wir gegenwärtig
nicht rühren sollten«, antwortete Genscher. Baker stimmte zu. (…)
——
 
Dieser Wortbruches gegenüber Präsident Gorbatschow wurde 
durch den der Nato-Gipfel 2008 noch erheblich eskaliert::
 
(Originaltext vom Versöhnungsbund)