Bundesweiter Aktionstag für Abrüstung am 5. Dezember

Aktionstag für Abrüstung am 5. Dezember +++ Online sofort aktiv werden und Lobbymail schreiben +++ Neues FriedensForum zur Türkei erschienen

Newsletter November 2020
Header Newsletter Frieko November 2020

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Im Dezember steht die Verabschiedung des Bundeshaushaltes 2021 bevor. Nach aktuellen Planungen sollen die Ausgaben fürs Militär auf über 50 Milliarden Euro steigen. Damit sind wir nicht einverstanden! Der Bundeshaushalt darf nicht für Rüstung, sondern muss für eine soziale und ökologische Transformation umstrukturiert werden.
Deshalb möchten wir dich mit unserem heutigen Newsletter auf die für Anfang Dezember geplanten Aktivitäten der vom Netzwerk Friedenskooperative mitgetragenen Initiative „abrüsten statt aufrüsten“ hinweisen. Konkret haben wir heute diese Themen für dich:

 

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Das Kriegsverbrecher Tribunal vor 75 Jahren, am 20. November in Nürnberg

Foto: wikipedia Auf der Anklagebank: Göring, Heß, von Ribbentrop, Keitel (vorne), Dönitz, Raeder, von Schirach und Sauckel (dahinter)

Chefankläger der Nürnberger Prozesse „Sie bereuten nichts“

https://www.youtube.com/watch?v=B2sLHzHbXOQ

Benjamin Ferencz ist der letzte lebende Chefankläger der Nürnberger Prozesse. Im Interview mit den tagesthemen spricht der 100-Jährige über Menschen, die zu Massenmördern wurden, über Gerechtigkeit und den heutigen Antisemitismus.

tagesthemen: In Nürnberg haben Sie 22 Angehörige der SS vor Gericht gestellt. Was war das für ein Gefühl, diesen Angeklagten gegenüberzustehen, angesichts des Grauens, das Sie bei der Befreiung von Konzentrationslagern wie Buchenwald mit eigenen Augen gesehen hatten?

Benjamin Ferencz: Es war furchtbar. Ich habe auch nicht wirklich die Angeklagten gesehen. Diese waren ja noch nicht angeklagt, als ich nach Buchenwald und in die anderen Lager kam. Vielmehr sah ich immer noch die Leichen, die dort auf dem Boden gelegen hatten. Die Krematorien, die noch liefen. Die toten Körper, die aufeinandergestapelt waren wie Brennholz. Menschen, die auf allen Vieren im Dreck nach einem Stück Brot suchten. Menschen, die am Verhungern waren. Das waren die Bilder, die ich vor Augen hatte.

Die einzelnen Angeklagten sah ich damals nicht. Ich hatte sie ja ausgesucht, aus 3000 Mitgliedern der SS, deren Aufgabe es gewesen war, alle Juden zu töten. Ich habe eine Weile gebraucht, um zu entscheiden, welche dieser 3000 Männer ich vor Gericht stellen würde

Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher

Anklageschrift – Nürnberg – Internationaler Militärgerichtshof (1945)

Der erste – und einzige – Prozess vor dem Internationalen Militärgerichtshof wurde vom 20. November 1945 bis 1. Oktober 1946 in Nürnberg durchgeführt. Der ursprüngliche Plan der Alliierten, weitere Prozesse vor diesem Militärgerichtshof durchzuführen, war aufgrund von Querelen zwischen den Alliierten fallengelassen worden. Bei den Alliierten hatten sich inzwischen unterschiedliche Interessen und Vorstellungen entwickelt, welche Kreise in welchem Umfang zu verfolgen seien.

So ermächtigte der Alliierte Kontrollrat mit einem dem Londoner Statut nachgebildeten Kontrollratsgesetz Nr. 10[8] vom 20. Dezember 1945, betreffend die „Bestrafung von Personen, die sich Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen den Frieden, oder gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht haben“, (nun) die Befehlshaber der einzelnen Besatzungszonen, Nachfolgeprozesse vor Gerichten der jeweiligen Besatzungsmacht zu führen.

Unter Kriegsverbrechen wurden Delikte verstanden, die bereits in den Haager Abkommen vor dem Ersten Weltkrieg definiert worden waren: Tötung oder Misshandlung von Kriegsgefangenen, Hinrichtung von Geiseln, Verschleppung zur Zwangsarbeit etc. Unter Verbrechen gegen die Menschlichkeit fielen vor allem die Verfolgung und Vernichtung der Juden und die „Vernichtung lebensunwerten Lebens“, also Tötungsdelikte, die in allen zivilisierten Staaten verfolgt wurden. Unter Verbrechen gegen den Frieden wurde der Angriffskrieg verstanden, ein bis zu diesem Zeitpunkt nicht kodifiziertes Delikt.

Kriegsverbrechergefängnis in Berlin-Spandau.
Foto: Wikipedia

Die zu Haftstrafen verurteilten Angeklagten wurden am 18. Juli 1947 ins Kriegsverbrechergefängnis Spandau verlegt und verblieben unter Vier-Mächte-Rechtsprechung.[9]

Quelle: ARD und wikipedia

Operation Gideon: US-Funktionäre sollen Putschplan in Venezuela unterstützt haben

 

Miami. Eine 1,4 Millionen US-Dollar Klage wegen Vertragsbruchs, eingereicht beim Bezirksgericht von Miami-Dade County, legt offenbar weitere Details der sogenannten Operation Gideon offen. Der Miami Herald und der US-Medienkonzern McClatchy hatten nach eigenen Angaben Zugang dazu. Die Militäraktion unter den Decknamen „Gideon“ im Mai dieses Jahres gegen die Regierung von Präsident Nicolás Maduro konnte von den venezolanischen Sicherheitskräften vereitelt werden (amerika21 berichtete). Zwei US-Söldner hatten zusammen mit 50 Bürgern des südamerikanischen Landes versucht, auf dem Seeweg nach Venezuela zu gelangen, um Maduro zu stürzen. Die Ex-Soldaten hatten sich dafür von dem privaten Sicherheitsunternehmer Silvercorp anheuern lassen. Dies berichtet heute das Lateinamerika-Portal amerika21.
Der frühere US-Elitesoldat und Chef von Silvercorp, Jordan Goudreau, hat laut Medienberichten den venezolanischen Oppositionsberater und Finanzier Juan Jose („JJ“) Rendon verklagt. Er habe einen Vertrag nicht erfüllt, in dem er Goudreaus Firma beauftragte, Maduro aus dem Amt zu bringen, damit der von den USA unterstützte Oppositionsführer Juan Guaidó die Macht übernehmen könne, so amerika21.

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Blockade gegen Kuba

Die Coronavirus-Pandemie hat 2020 die Welt in Atem gehalten. Millionen Menschen infizierten sich, über eine Million starben an den Folgen. Während westliche Politiker noch zwischen Abwiegelung und Schuldzuweisungen schwankten und vor allem auf Abschottung ihrer Länder setzten, eilten kubanische Ärztinnen und Ärzte den besonders betroffenen Ländern zu Hilfe. Unter anderem in Italien, Andorra und Frankreich unterstützten die MedizinerInnen von der Karibikinsel ihre einheimischen Kolleginnen und Kollegen.

Zugleich verschärften die USA ihre Blockade gegen Kuba und erschwerten so nicht nur die internationale Solidarität, sondern auch den Schutz der kubanischen Bevölkerung.

Quelle: FG-Cuba

Honduras hat am 24. Oktober 2020 als 50. Staat den Atomwaffenverbotsvertrag ratifiziert

 

 

Es gibt Grund zum Feiern! Honduras hat am 24. Oktober 2020 als 50. Staat den Atomwaffenverbotsvertrag ratifiziert und setzt damit einen Meilenstein auf dem Weg hin zu einer Welt ohne Atomwaffen! Der Vertrag wird am 22. Januar 2021 in Kraft treten und in internationales Recht übergehen. Ein großer Moment für alle Überlebenden, Aktivist*innen und Politiker*innen, die Seite an Seite für das Verbot gekämpft haben.

Als am späten Abend die 50. Ratifizierung bekannt wurde, feierten Aktivist*innen aus aller Welt zusammen mit ihren Mitstreiter*innen vor den Laptops, unzählige Statements und Pressemitteilungen wurden verschickt. In einem offenen Brief sprachen sich ehemalige Staatsoberhäupter und Minister*innen für das Verbot aus und auch wir haben natürlich Stellung genommen. Wir halten euch über Feierlichkeiten zum Inkrafttreten des Vertrages im Januar 2021 in unseren Newslettern auf dem Laufenden!

Wie geht es nun weiter?
In den Medien und von Kritiker*innen hört man immer wieder, dass der Vertrag nur ein Symbol sei. Denn Atomwaffenstaaten und ihre Verbündeten, darunter Deutschland, halten weiterhin an der nuklearen Abschreckung fest. ICAN Deutschland räumt in einem kurzen Beitrag mit diesem Mythos auf. Wenn ihr Lust habt, euch etwas tiefer mit dem Thema zu beschäftigen, können wir euch die 3-teilige Videoreihe von ICAN International empfehlen. Darin erklärt Campaignerin Susi Snyder unter anderem, wie sich internationales Recht auch auf Staaten auswirkt, die einem Vertrag noch nicht beigetreten sind. Das Video könnt ihr euch jederzeit anschauen und auch die weiteren Teile der Reihe sind auf dem Instagram-Account von ICAN International zu finden.

Schon gewusst?
Die USA behaupten sogar, dass der neue Vertrag eine Gefahr für unsere Sicherheit sei und drängten sämtliche Unterzeichnerstaaten bis kurz vor der 50. Ratifizierung sich aus dem Vertrag zurückzuziehen. Mehr dazu erfahrt ihr in diesem Artikel der New York Times. Bei so viel Einschüchterung mag man fast annehmen, dass der Atomwaffenverbotsvertrag doch nicht so unbedeutend ist, wie manche meinen.

Wir kämpfen weiter!
Mit dem Verbotsvertrag in der Hinterhand machen wir weiter Druck – wir organisieren Proteste wo sie möglich sind und treten mit Politiker*innen in den Wahlkreisen und in Berlin in Kontakt. Auch an der bevorstehenden Debatte im Bundestag über die Anschaffung von neuen Kampfjets für die Atombomben der USA in Büchel werden wir uns beteiligen. Dabei können wir jede Unterstützung gebrauchen! Wenn ihr noch kein Mitglied seid, solltet ihr das schnell ändern und euch den Aktionen und Veranstaltungen der DFG-VK Ortsgruppen und Landesverbände anschließen. Ladet Freund*innen zur Mitarbeit ein oder spendet einen kleinen Beitrag für unsere Arbeit gegen Atomwaffen.

Im August 2021 wird unsere Jugenddelegation voraussichtlich an der Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages bei den Vereinten Nationen in New York teilnehmen. Wir sind gespannt, was insbesondere die deutschen Diplomat*innen zu den neuen und bahnbrechenden Entwicklungen zu sagen haben.

Zum Schluss möchten wir euch auf diese zwei im Rahmen der Reihe „Frieden 2020+“ von der Stadt Hannover geplanten Online-Events im November aufmerksam machen.

16.11.20, 19 Uhr: „Patriarchat und internationale (Ab-)Rüstung“
19.11.20, 19 Uhr: „We are the Bomb – Finanzierung nuklearer Rüstungskonzerne“

PS: Die Initiative „abrüsten statt aufrüsten“ ruft dazu auf, am Samstag, den 5. Dezember 2020 bundesweit und dezentral an möglichst vielen Orten gegen die weitere Steigerung der Rüstungsausgaben zu protestieren. Hier geht es zum Appell.

Quelle: DFG/VK

Initiative „abrüsten statt aufrüsten“

Wir brauchen das Geld für Investitionen im Sozialen, der Umwelt, der Wissenschaft und für Bildung! Deswegen Abrüstung!

In der Woche beginnend mit dem 7.12.2020 soll der Bundeshaushalt für 2021 verabschiedet werden. Der „Verteidigungshaushalt“ soll erneut um 2,6% steigen, 50 Milliarden Euro für Rüstung drohen!

Wir wollen eine Umkehr zu Entspannungspolitik und Abrüstung.

Deswegen rufen wir – die Initiative „abrüsten statt aufrüsten“ – zum bundesweiten Aktionstag am 5.12.2020 auf.

„Initiative „abrüsten statt aufrüsten““ weiterlesen

Gedenken an die Reichspogromnacht am 9.November

Alternativer Stadtrundgang und Gedenkfeier – leider abgesagt

14-ca. 15.45h  (Beginn vor dem Rathaus, Ende am Feuerwehrhaus)

201108_Wegstrecke_Stadtrundgang-1

 

16h Beginn der Gedenkfeier am Feuerwehrhaus:

In der Nacht vom 9, auf den 10. November 1939 zündeten Nazihorden  bruchsals Synagoge an…

  • Rede vom Günter Majewski (ca. 10 min)
  • Gedichte von Schüler*innen des SBG zur Pogromnacht
  • Rede der Oberbürgermeisterin (ca. 10 min)

Musikalische Umrahmung .

Der Förderverein Haus der Geschichte der Juden Badens wird ein Informationsblatt zu den Ereignissen am 9.11.38 in Bruchsal verteilen.

 

 

Wisst Ihr nicht, dass man das nicht darf

Rede bei der Gedenkstunde zur Bruchsaler Synagoge am 9.11.2017
von Rainer Kaufmann

Zunächst vielen Dank den Initiatoren dieser Gedenkstunde, der Friedensbewegung, dass sie mich eingeladen hat, hier ein paar Gedanken beizusteuern. Ich spreche nicht für mich, ich weiß aus vielen Gesprächen, dass es viele Leute in Bruchsal gibt, die ebenso denken. Und ich weiß, dass es außerhalb von Bruchsal ja außerhalb Deutschlands einige Menschen gibt, die in den nächsten Monaten mit Interesse verfolgen, was hier an diesem Ort geschehen soll.

Dieser Platz ist ja wirklich eine einzigartige Situation vielleicht für ganz Deutschland: Hier stand die jüdische Synagoge, die in der Nacht zum 10. November 1938 abgefackelt wurde und die Bruchsaler Feuerwehr griff nicht ein, weil im Hydrant angeblich kein Wasser war. In den 50-er Jahren hat die Stadt das Gelände von der Jewish Restitution Successor Organisation gekauft und keine 20 Jahre nach der Vernichtung der Synagoge ausgerechnet hier ein Feuerwehrhaus gebaut. Was für eine historische Gedankenlosigkeit. Man könnte es auch Verantwortungslosigkeit nennen.

Nach den Recherchen von Rolf Schmitt gibt es noch vielleicht eine Handvoll ähnlicher Fälle in Deutschland. Allerdings ist uns bis heute kein Fall bekannt, dass es sich dabei um eine der rund 1.000 Synagogen handelte, die in der Reichsprogromnacht ohne Schutz der Feuerwehr abgebrannt wurden. In den wenigen anderen Fällen wurden die Synagogen nach dem Krieg erst abgerissen. Und einige der fragwürdigen Nachkriegs-Nutzungen wurden mittlerweile in eine Gedenk- oder Begegnungsstätte umgewidmet.

In den 80-er Jahren hatte ich angeregt, zum Gedenken an die frühere Synagoge wenigstens ein einziges Mal ein Klezmer-Konzert in der Fahrzeughalle des Feuerwehrhauses veranstalten zu dürfen. Das wurde abgelehnt mit der Begründung: die Feuerwehr müsse ständig einsatzbereit sein. Dass damals aber jährlich einmal ein großes Feuerwehrfest in der Halle und hier auf dem Vorgelände stattfand, was die Einsatzfähigkeit der Feuerwehr offensichtlich nicht behinderte, wurde großzügig übersehen. Das eigentlich Unmögliche durfte auf keinen Fall auch noch thematisiert werden. Den Vorschlag eines Klezmer-Konzertes im Feuerwehrhaus wiederhole ich hier und heute ausdrücklich.

Diese Gedenktafel wurde auch sehr spät erst angebracht, im Jahr 1999, nachdem sich eine Schülergruppe aus dem Paulusheim als erste Gruppierung in der Stadt der Geschichte der Synagoge angenommen hatte. Vor ein paar Wochen noch war diese Tafel fast völlig mit Wildwuchs zugewuchert und damit auch die bescheidene Erinnerung an die Geschichte dieses Ortes. Fast schon symbolhaft. Nach einer eher lauen Facebook-Diskussion wurde der Wildwuchs rasch beseitigt. Von alleine ist das in dieser Stadt und ihrer Verwaltung niemandem aufgefallen.

Die Feuerwehr wird in ein oder zwei Jahren umziehen und dann wird dieses innerstädtische Filet-Grundstück frei. Die Frage ist: Wird Bruchsal dann die Größe aufbringen und diese einmalige Nachkriegssituation – auch ein Stück unserer Geschichte – für alle Zeiten dokumentieren oder wird das Feuerwehrhaus einfach platt gemacht, um das Grundstück einer optimierten kommerziellen Nutzung zuführen zu können. Es gibt einige Initiativen, etwa die des Vereins zum Erhalt historischer Gebäude oder die von Gerhard Holler oder Rolf Schmitt. Und es gibt ein paar konkrete Vorschläge. Ich möchte jetzt nicht den Eindruck erwecken, als seien das meine Vorschläge, sie wurden mir aber zugetragen, damit ich sie hier und heute vortrage. Wie wäre es, zumindest die Garagen so zu lassen, wie sie sind, um darin eine Begegnungsstätte für Amateur-Ensembles unterzubringen? So etwas bräuchte man in Bruchsal. Oder das Stadtmuseum, das im Schloss ein kümmerliches Randdasein fristet. Die entsprechende Immobilien-Nutzung des Areals kann jederzeit über den Garagen stattfinden. Wer die Elbphilharmonie statisch hinkriegt, müsste auch dieses leisten. Und wenn man dann noch eine Etage über den Garagen retten könnte: Wo wäre das Stadtarchiv denn sinnvoller untergebracht als hier, eventuell sogar mit einem besonderem Teil-Archiv, das der jüdischen Bevölkerung dieser Stadt gewidmet ist.

Mitte der 80-er Jahre kam ich in Kontakt mit einem amerikanisch-jüdischen Anwalt aus New York: Paul Schrag. Adresse und Telefonnummer hatte ich vom Heidelsheimer katholischen Stadtpfarrer Paul Kallenbach, einem Ur-Bruchsaler aus der Stadtgrabenstraße und Jugendfreund meiner Eltern. Er hatte irgendeinen privatrechtlichen Streit in New York auszufechten, flog hin und verpflichtete Paul Schrag als seinen Anwalt.

Nicht von ungefähr. Denn Paul Kallenbach kannte Paul Schrag wohl seit ihrer gemeinsamen Jugendzeit. Schrag war Sohn eines Karlsruher Anwalts. 1938 konnte dieser mit seiner Familie noch rechtzeitig in die Staaten auswandern. Ein Teil der Familie Schrag lebte in Bruchsal, wo Paul Schrag regelmäßig seine Sommerferien verbrachte. Schrags Onkel war Mitbesitzer der Malzfabrik „Schrag und Söhne“ in der unteren Kaiserstraße, heute Möbel Fuchs. Er überlebte im Untergrund in Amsterdam, Paul Schrag vertrat ihn dann nach dem Krieg als Anwalt.

Schrag veröffentlichte im Jahr 1979 im Münchner Kindler-Verlag das Buch „Heimatkunde – die Geschichte einer deutsch-jüdischen Familie“. Das Buch ist zu großen Teilen Bruchsaler Heimatgeschichte, die Geschichte der Malzfabrik „Schrag und Söhne“ und ihrer Arisierung. Die Badische Landesbühne zeigte im Jahr 1981 deshalb auch eine eindrucksvolle Bühnenfassung. Schrag schrieb später noch „Die Geschichte vom Herrn Rath“, die zweifelsohne auch einige Bruchsaler Ereignisse dieser Zeit widerspiegelt und die von der BLB im Jahr 2010 in einer ebenfalls mehr als eindrucksvollen Lesung aufgeführt wurde. Die Geschichte vom Herrn Rath, von Schrag in Deutsch verfasst, wurde lange nach dessen Tod von Rolf Schmitt in den USA ausgegraben und auf der Webseite bruchsal.org publiziert. Paul Schrag verstarb im Jahr 1992. Seine Frau Suzanne ist jetzt 106 Jahre alt und erfreut sich „reasonable health and memory“, wie mir ihr Sohn im Frühjahr per e-mail mitteilte. Sie wird wohl, wenn sich an diesem Befund nichts geändert hat, am 29. November ihren 107. Geburtstag feiern können.

Mit diesem Paul Schrag also hatte ich in den 80-er Jahren telefonischen Kontakt, bei dem er mir ankündigte, demnächst Deutschland zu besuchen. Wir verabredeten uns zum Abendessen in Baden-Baden, wo er sein Quartier hatte. Schrag erzählte mir gleich zu Beginn unseres Gesprächs, er sei am Vormittag erstmals seit seiner Auswanderung wieder in Bruchsal gewesen, habe natürlich den Platz der ehemaligen Synagoge gesucht und darauf ausgerechnet ein Feuerwehrhaus vorgefunden. Obwohl er um mein Alter (Jahrgang 1950) wusste, schaute er mich lange schweigend und mit vorwurfsvollem, fast verzweifelten Blick an, um dann zu sagen: „Wisst Ihr nicht, dass man das nicht darf!“ Wisst Ihr nicht, dass man das nicht darf. Diesen Satz habe ich bis heute nicht vergessen. Und das, was man nicht darf, ist bis heute Realität in Bruchsal. Ohne jede Diskussion. Es ist halt so.

Und gleich danach kam er mit einer weiteren Geschichte: Schrag besuchte auch den jüdischen Zentralfriedhof auf dem Eichelberg, der damals noch frei zugänglich war. Als er gerade dabei war, ein Grab seiner Vorfahren zu suchen, hörte er von der benachbarten Eichelberg-Kaserne Maschinen-Gewehr-Salven, Standortschießanlage. „Wisst Ihr nicht, dass so etwas schmerzt?“ Dabei hatte Schrag überhaupt nichts gegen Bundeswehr und NATO. Nur: an dieser Stelle, die er, wie auch Bruchsal, nie wieder in seinem Leben werde besuchen wollen, tat es eben unendlich weh. Der Rest des Abends war ein wirklich angenehmes Gespräch vor allem über sein Buch Heimatkunde und seinen Onkel und dessen Malzfabrik.

Ich fühle mich diesem wirklich ungemein freundlichen und liebenswerten Menschen – so habe ich Paul Schrag an diesem Abend in Baden-Baden erlebt – verpflichtet, wenn ich hier und heute im Namen vieler Gleichgesinnter die Stadt und den Gemeinderat auffordere, eine Lösung für dieses Areal zu finden, die diese Geschichte – Feuerwehrhaus und Synagoge – nicht per Abriss wegbaggert. Denn die Gedankenlosigkeit der Nachkriegszeit muss der Nachwelt erhalten bleiben. Irgendeine Erinnerungstafel, die man dann jederzeit überwuchern lassen kann, geht eigentlich nicht. Und es geht auch nicht, dass Stadtplaner und Architekten – meist unter dem Druck wirtschaftlicher und kommerzieller Sachzwänge – alleine entscheiden, was wir mit den baulichen Zeugen unserer Geschichte machen. Geschichte, das heißt Geschichtsschreibung, kann nur werden, was wir an Quellen und Zeugnissen der Nachwelt hinterlassen.

Planer sind es eigentlich gewohnt, Vorgaben umzusetzen, wenn sie ihnen denn gemacht werden. Ein Beispiel: Die Wohnbebauung am Bleichweg gleich neben der früheren Malzfabrik Schrag und Söhne. Zitat aus der Bruchsaler Rundschau nach einer Gemeinderatsdebatte: Am Ende war man sich weitgehend einig, dass man die Entscheidung jedenfalls nicht dem Investor alleine überlassen dürfe und legte sich – und damit die Planer – auf die zwei Punkthäuser fest.“ Der Gemeinderat hat sich damals einem neunstöckigen Wohnturm, den der Investor wollte, widersetzt. Dieses Beispiel einer politischen Vorgabe für die Planung kann hier an diesem Platz wiederholt werden, wenn der politische Wille da ist.

 

“Erinnern, Gedenken, Verantwortung übernehmen” – Führung durch den Gedenkpfad Eckerwald sowie die Gedenkstätte und den KZ-Friedhof Schörzingen

Die Gedenkstätte Eckerwald erinnert an eines der letzten mörderischen Kapitel nationalsozialistischer Kriegspolitik. Im Herbst 1944 wurde von Häftlingen des KZ Schörzingen in einer Bauzeit von rund drei Monaten auf diesem Gelände eine Schieferölfabrik errichtet. Das KZ bei Schörzingen bestand von Januar 1944 bis April 1945. Die Zahl der Häftlinge betrug mehr als 1.000. Aufgrund der katastrophalen Lebens- und Arbeitsbedingungen verstarben mindestens 549 Häftlinge, die in Massengräbern auf der „Donauwiese“ verscharrt wurden.

Die Anlage gehörte zum „Unternehmen Wüste“, einem Industriekomplex, dessen Bestimmung es war, die Treibstoffkrise, die sich im Verlauf des Zweiten Weltkriegs abzeichnete, zu beheben. KZ-Häftlinge aus sieben Außenlagern von Natzweiler-Struthof entlang der Bahnlinie Tübingen-Rottweil wurden hier gezwungen, ihren Beitrag zur Kriegswirtschaft zu leisten. Sie sollten der Ölproduktion dienen. Während die Ölgewinnung nicht gelang, wurde allerdings das zweite Ziel erreicht, die Vernichtung der KZ-Häftlinge durch Arbeit.

Für Samstag, 26.09.2020, laden wir zu einer Führung durch den Gedenkpfad Eckerwald sowie die Gedenkstätte und den KZ-Friedhof Schörzingen ein, mit der wir an dieses ganz dunkle Kapitel deutscher Geschichte erinnern wollen.

 

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Ein antifaschistischer Konsens für eine Welt des Friedens, der Freiheit und der Völkerverständigung am 1. September in Karlsruhe

1. September 2020

Rede der VVN-BdA Karlsruhe bei der Kundgebung von DGB und Friedensbündnis zum 1. September/Antikriegstag

Haben Sie sich eigentlich schon einmal gefragt, warum die Bahn immer häufiger Verspätung hat? Mit Sicherheit! Und da gibt es viele Gründe… Aber im Januar diesen Jahres kam ein neuer hinzu. Da schloss die Deutsche Bahn mit der Bundeswehr einen Vertrag über die Bereitstellung von 300 Waggons und Lokomotiven zusätzlich zu den bereits von ihr gesicherten 280 Flachwagen ab. Damit sind 12% des europaweit verfügbaren Bestandes an Flachwagen für die Bundeswehr reserviert. Alleine 2020 könnten demzufolge mehr als 1.300 Transporte Richtung russischer Grenze erfolgen. Um diese Aufgaben bewältigen zu können, wurde die „Vorfahrtsregel“ umgekehrt. Hatte bisher ziviler Personenverkehr Vorrang, haben jetzt Militärtransporte Priorität. Nicht Militärtransporte werden auf ein Ausweichgleis gelenkt, bis der fahrplanmäßige Personenzug durch ist, sondern umgekehrt: die zivilen Fahrgäste müssen künftig warten, bis die Panzer gen Osten gerollt sind.

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