Es sind nicht nur sicherheitspolitische Gründe warum sich die Bundesregierung gegen den Abzug der US-Amerikanischen Truppen wehrt. Es sind knallharte wirtschaftliche Interessen, die dabei eine große Rolle spielen. German-foreign hat hier sehr ausführlich recherchiert und die wahren Hintergründe aufgezeigt.
Profitable KriegsfinanzierungDeutschland zahlt rund 100 Millionen Euro pro Jahr für US-Stützpunkte, erhält vom US-Militär aber Milliardensummen.
BERLIN/WASHINGTON (german-foreign Bericht) – Deutschland profitiert mit Milliardenbeträgen von der Stationierung von US-Truppen in der Bundesrepublik. Dies bestätigen aktuelle Angaben zu den jährlichen Unterstützungsleistungen der Bundesregierung für die hiesigen US-Militäreinrichtungen sowie Berechnungen über die Einnahmen, die die US-Truppen an ihren deutschen Standorten für die einheimische Wirtschaft generieren. Laut Auskunft des Bundesfinanzministeriums zahlt die Regierung jährlich im Durchschnitt 100 Millionen Euro an die US-Streitkräfte. Die Einnahmen hingegen belaufen sich allein für Rheinland-Pfalz jährlich auf eine Milliardensumme. Das übertrifft die Ausgaben selbst dann deutlich, wenn man indirekte finanzielle Unterstützung, darunter etwa nicht erhobene Zölle und Gebühren, in die Gesamtrechnung einbezieht. Der wirtschaftliche Nutzen kommt zum militärischen Vorteil hinzu, den die Stationierung der US-Truppen in Deutschland für den Machtkampf gegen Russland bietet. Beides erklärt, weshalb sich Berlin für den Verbleib der US-Streitkräfte stark macht – ungeachtet deren völkerrechtswidriger Kriege.
Eine Milliarde für US-Kriegsstützpunkte
Die Bundesregierung hat die Stationierung von US-Truppen in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren mit annähernd einer Milliarde Euro unterstützt. Dies geht aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Abgeordneten Brigitte Freihold (Die Linke) im Deutschen Bundestag hervor. Demnach zahlte Berlin 648,5 Millionen Euro für Baumaßnahmen an den US-Standorten; 333,9 Millionen Euro wurden für Verteidigungsfolgekosten aufgewandt. Bei diesen geht es um Beihilfen für frühere Angestellte der US-Streitkräfte, um die Reparatur von Schäden, die von US-Militärs angerichtet wurden, und um die Erstattung von US-Investitionen an ehemaligen Truppenstandorten.[1] Wie es unter Bezug auf die Antwort des Finanzministeriums heißt, hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr mit 132,4 Millionen Euro etwas mehr als im langfristigen Durchschnitt gezahlt. Dabei handelt es sich lediglich um einen Bruchteil der US-Aufwendungen für die in Deutschland stationierten Einheiten: Diese liegen ausweislich der Haushaltsprognose des US-Verteidigungsministeriums in diesem Jahr bei gut 8,1 Milliarden US-Dollar (7,2 Milliarden Euro).
„Ein wichtiger Wirtschaftsfaktor“
Den Ausgaben Berlins stehen erheblich höhere Einnahmen aus der US-Truppenstationierung gegenüber. Aktuell kursieren Berechnungen für das Bundesland Rheinland-Pfalz, in dem mehr als die Hälfte der US-Einheiten untergebracht ist – 18.500 Soldaten und 12.000 Zivilangestellte, zu denen noch rund 25.000 Familienangehörige gerechnet werden müssen. Laut einer Studie, die vor sechs Jahren erstellt wurde, aber als immer noch aussagekräftig gilt, generieren die US-Truppen dort eine Wirtschaftskraft von über 2,3 Milliarden US-Dollar – gut 1,1 Milliarden in Form von Gehältern, darunter solche für deutsche Zivilangestellte, zudem 400 Millionen für Beschaffungen, Baumaßnahmen und diverse Dienstleistungen sowie über 820 Millionen für indirekt geschaffene Arbeitsplätze.[2] Aus Bayern liegen Schätzungen aus dem vergangenen Jahr vor; allein die Truppenübungsplätze Grafenwöhr und Hohenfels in der Oberpfalz sorgen nach Angaben der IHK Regensburg für 30.000 Konsumenten bzw. 800 Millionen Euro Kaufkraft. Am weitaus kleineren Standort Garmisch-Partenkirchen bringen die US-Truppen allein den Stadtwerken einen Umsatz von 1,5 Millionen Euro jährlich ein.[3] „Die US-Soldaten geben einen Teil ihres Solds … dort aus, wo sie stationiert sind“, resümiert Peter Beyer, Regierungskoordinator für die transatlantische Zusammenarbeit: Sie „sind damit ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Region“.[4]
„Da hat Trump recht“
Die Beherbergung der US-Truppen erweist sich auch dann noch als überaus profitabel für die Bundesrepublik, wenn man umfassendere Berechnungen des US-Think Tanks Rand Corporation über die finanzielle Unterstützung Berlins für die deutschen US-Standorte berücksichtigt. Laut der Rand Corporation müssen zusätzlich zu den aktiven Ausgaben auch entgangene Einnahmen in Rechnung gestellt werden – etwa nicht erhobene Zölle, nicht erhobene Einkommenssteuern, aber auch erlassene Gebühren, die etwa daraus resultieren, dass US-Führerscheine kostenlos anerkannt werden. Präzise Angaben darüber liegen dem Think Tank zufolge nicht vor. Für das Jahr 2002 schätzte die Rand Corporation die „indirekte Unterstützung“ Deutschlands für die US-Streitkräfte auf gut 1,5 Milliarden US-Dollar.[5] Damals waren freilich noch doppelt so viele US-Soldaten in der Bundesrepublik stationiert. Heute wohl grob halbiert, läge die indirekte Beihilfe für die US-Standorte immer noch deutlich unterhalb der Wirtschaftskraft, die die US-Truppenpräsenz in Deutschland generiert. US-Präsident Donald Trump hat dies Berlin regelmäßig vorgehalten. Dazu heißt es jetzt in der deutschen Wirtschaftspresse völlig trocken: „Damit hat Trump recht.“[6]
Zwischenstation auf dem Weg nach Mittelost
Die Stationierung der US-Truppen in Deutschland ist für die Bundesregierung nicht nur politisch nützlich: Sie erleichtert es Berlin, im Machtkampf gegen Moskau um die Hegemonie über Ost- und Südosteuropa militärisch Druck auszuüben (german-foreign-policy.com berichtete [7]). Sie zahlt sich darüber hinaus ökonomisch aus. Dies macht es der Bundesrepublik schmackhaft, ihren NATO-Bündnispflichten nachzukommen und über Nachteile der Stationierung hinwegzusehen. Einen Nachteil bildete in der Vergangenheit etwa der Widerspruch, der in der Ablehnung des Irak-Krieges von 2003 durch die Bundesregierung bei gleichzeitiger Duldung der Nutzung der deutschen US-Stützpunkte für den Überfall auf den Irak lag: Die US-Luftwaffenbasis Ramstein und das nahe gelegene Militärkrankenhaus Landstuhl hatten – und haben – als Transportzwischenstation sowie als Behandlungort für Verletzte zentrale Bedeutung für die US-Kriege in Nah- und Mittelost. Wenig vorteilhaft für Berlin ist auch, dass die US-Drohnenkriege in Afrika sowie im Jemen über Ramstein gesteuert werden. Im Rahmen dieser Kriege verüben die US-Streitkräfte mutmaßlich schwere Kriegsverbrechen. Im vergangenen Jahr urteilte das Oberverwaltungsgericht Münster, die Bundesregierung müsse, weil die Drohnenangriffe im Jemen über eine Relaisstation in Ramstein abgewickelt werden, diese Attacken auf ihre Vereinbarkeit mit dem Völkerrecht überprüfen. Sollte diese nicht gegeben sein, müsse Berlin Washington zur Ordnung rufen (german-foreign-policy.com berichtete [8]).
Schwenk nach Asien
Wegen des erheblichen militärischen sowie des nicht geringen ökonomischen Nutzens der US-Truppenstationierung für die Bundesrepublik stößt der in der vergangenen Woche bestätigte Plan der Trump-Administration, rund 9.500 US-Soldaten aus Deutschland abzuziehen, in Berlin weiterhin auf massive Kritik. Er ist auch in Washington umstritten: Erhebliche Teile des dortigen Establishments halten die Truppenreduzierung für strategisch nachteilig, weil sie den Druck auf Russland ein wenig reduziert. Einflussreiche Politiker in der US-Hauptstadt wollen sie daher unterbinden. Bislang bleibt das Weiße Haus allerdings bei seinem Vorhaben – wie der Nationale Sicherheitsberater des Präsidenten, Robert O’Brien, erläutert, um China und Russland, den zwei „Großmachtkonkurrenten“ der Vereinigten Staaten, gleichermaßen entgegenzutreten. Gut 25.000 US-Soldaten sollen demnach den Grundbestand der US-Militärinfrastruktur in Deutschland garantieren, während zumindest ein Teil der abzuziehenden Truppen in die Asien-Pazifik-Region verlegt werden soll – dorthin, wo sich laut O’Brien „die Amerikaner und ihre Verbündeten“ China und damit „der bedeutendsten geopolitischen Herausforderung seit dem Ende des Kalten Kriegs gegenübersehen“.[9] Washington hat dabei durchaus vorgesorgt: Während von 1987 bis 2018 die Zahl der US-Militärs in Europa von 354.000 auf 66.000 reduziert wurde, wurde die Zahl der US-Soldaten in der Asien-Pazifik-Region lediglich von 184.000 auf 131.000 verringert.[10] Sie soll künftig wieder spürbar aufgestockt werden.