General Suharto bei der Beerdigung der Generäle, die bei dem Putschversuch ums Leben gekommen waren, der dem Massaker vorausging
Zur Historie: Bundeskanzler war damals der Obernazi Kurt Georg Kiesinger (CDU), der noch kurz vor Kriegsende 1945 Todesurteile unterschrieb.
Und heute? Polizei und Bundeswehr sind durchsetzt von Rechtsradikalen und Neonazis. Beim KSK verschwinden Waffen und Munition. Der Staatsapparat ist scheinbar bereits total unterwandert. Jene planen offensichtlich einen Bürgerkrieg. Das Verteidigungsministerium sieht sich gezwungen eine Einheit des KSK aufzulösen. Bundesinnenminister Horst Seehofer sieht zwar die die Gefahr von Rechts, lehnt aber eine aufklärende Studie ab. Ein Beleg rechtsradikalen Einfluss ist auch die kürzlich stattgefundene Hausdurchsuchung bei Antifaschisten. Die Ermittlungsgruppe „Arena“, die im Zusammenhang mit einer Auseinandersetzung in Stuttgart mit Nazis, der selbsternannten Gewerkschaft „Zentrum Automobil“, einen willkommener Anlass lieferte, „Durchsuchungen“ auf ganz Baden-Württemberg auf insgesamt neun Antifaschisten auszudehnen. Angeblich hat das Innenministerium diese Einschüchterungsmaßnahme gegen junge Antifaschisten angeordnet. Vermutlich ist es aber ganz anders. Der Druck von Rechts auf das Innenministerium in Stuttgart ist schon so stark, dass die Verantwortlichen nicht mehr anders entscheiden können oder wollen.
Wie diese Kontinuität in der Außenpolitik sich bis heute fortgesetzt hat, zeigt sich an den Bundeswehr Auslandseinsätzen. Nun belegen neue Dokumente Kooperation bundesdeutscher Stellen mit Indonesiens Militär während Putsch und Massenmord 1965/66.
BERLIN/JAKARTA/WASHINGTON (german-foreign- Bericht) – Neue Dokumente belegen die enge Kooperation bundesdeutscher Stellen mit Indonesiens Militär im Verlauf des Massenmordes an hunderttausenden indonesischen Kommunisten. In Jakarta hatten Generäle im Oktober 1965 die Macht an sich gerissen, um den Linkskurs der Regierung unter Präsident Sukarno zu stoppen. In den folgenden Monaten organisierten sie den Mord an mindestens 500.000, womöglich gar drei Millionen – tatsächlichen oder angeblichen – Mitgliedern der Kommunistischen Partei. Bundesdeutsche Stellen unterhielten zu jener Zeit enge Kontakte zu indonesischen Militärs und Geheimdienstlern und waren über die Vorgänge genau informiert. Trotzdem unterstützten sie die Militärs mit Ausrüstung sowie mit Geld. Bisher geheime Papiere des BND zeigen, dass die Generäle die Mittel nicht zuletzt für „Sonderaktionen gegen KP-Funktionäre“ benötigten. In die Abwicklung der Fördermaßnahmen war vermutlich der damalige Staatssekretär im Auswärtigen Amt Karl Carstens involviert. Bonn trug damit – an der Seite Washingtons – zum damaligen „Systemkonflikt“ in Südostasien bei.
Systemkonflikt in Südostasien
Hintergrund der Unterstützung des Westens für den Putsch in Indonesien waren die Bestrebungen, im Systemkonflikt in Südostasien Positionsgewinne zu erzielen. In ihrem Kampf gegen den Kommunismus führten die Vereinigten Staaten damals in Vietnam Krieg; die US-amerikanische „Dominotheorie“ besagte, man müsse dort unbedingt siegen, um die dominoartige Ausbreitung des Kommunismus in weitere Länder der Region zu verhindern. Westliche Strategen hatten dabei auch Indonesien im Blick. Das Land hatte sich nach seiner Unabhängigkeit von der niederländischen Kolonialmacht außenpolitisch eigenständig zu positionieren versucht; Präsident Sukarno war maßgeblich an der Gründung der Blockfreienbewegung im Jahr 1955 in Bandung unweit Jakartas beteiligt gewesen. Zudem erstarkte in Indonesien die Kommunistische Partei (Partai Komunis Indonesia, PKI); mit schließlich bis zu drei Millionen Mitgliedern wurde sie in Washington, aber auch in Bonn als ernste Bedrohung westlicher Interessen eingestuft. Nicht nur US-amerikanische, auch bundesdeutsche Stellen unterhielten zugleich gute Beziehungen zu Militär und Geheimdienst Indonesiens; während etwa indonesische Militärs Anfang der 1960er Jahre in der Bundesrepublik ausgebildet wurden, residierte mit Rudolf Oebsger-Röder ein einstiger SS-Standartenführer im Reichssicherheitshauptamt als Mitarbeiter des BND in Jakarta. Oebsger-Röder betätigte sich dort zugleich als Korrespondent für die Süddeutsche Zeitung sowie die Neue Zürcher Zeitung (german-foreign-policy.com berichtete [1]).
„Abschlachten von Kommunisten“
Bundesdeutsche Stellen standen entsprechend bereit, als die indonesischen Militärs im Oktober 1965 die Macht an sich zu reißen begannen. Anlass war ein – rasch in sich zusammengebrochener – Umsturzversuch in der Nacht vom 30. September auf den 1. Oktober 1965, der vor allem das Ziel hatte, einen befürchteten Putsch rechter Militärs zu verhindern. Diese schlugen darauf mit größter Brutalität zurück. Die Botschaft Bonns in Jakarta war frühzeitig über die Pläne der Militärs und über den massenmörderischen Charakter ihrer Operationen informiert, die nicht nur darauf zielten, die Umstürzler festzunehmen, sondern vor allem darauf, die PKI zu vernichten. So wurde die bundesdeutsche Botschaft bereits am 11. Oktober, wie es in einem US-Bericht heißt, von einem „vertrauenswürdigen deutschen Geschäftsmann“ in Kenntnis gesetzt, die Generäle in Jakarta zögen es in Betracht, Präsident „Sukarno zu stürzen“.[2] Ein auf den 3. November 1965 datierter interner BND-Bericht, aus dem das Informationsportal t-online am gestrigen Montag Auszüge publizierte, schildert das Vorgehen der indonesischen Militärs sowie von Freiwilligenmilizen gegen die PKI. „Auf Mittel- und Ostjava erfolgte zunächst ein regelrechtes Abschlachten von Kommunisten“, hieß es in dem BND-Bericht: „Man lässt zumindest seitens der Armeeführung diesen … Geschehnissen bewusst freien Lauf“. „Selbstverständlich“ seien „die vielen antikommunistischen Aktionen … von der Armeeführung sorgfältig vorbereitet“ worden.[3] Indonesische Offiziere waren zuvor – nicht zuletzt mit Hilfe von US-Handbüchern – in US-Methoden der Aufstandsbekämpfung trainiert worden.[4]
„Sonderaktionen“
Wenige Tage später traten die indonesischen Generäle mit dem Gesuch um Unterstützung an die Bundesrepublik heran. Für die „Fortsetzung der … antikommunistischen Säuberungsaktion“ bäten sie um 1,2 Millionen D-Mark „in bar“, heißt es in einem Dokument aus bislang geheimen BND-Beständen, aus dem t-online gestern gleichfalls zitierte. Die Mittel würden „hauptsächlich … zur Durchführung von gesteuerten Demonstrationen“ und „für Sonderaktionen gegen KP-Funktionäre“ benötigt, außerdem zur Herstellung von „antikommunistische[m] Propagandamaterial“. In dem BND-Dokument heißt es dazu, „eine etwaige Hilfe der vorgesehenen Art“ könne, sollte sie öffentlich bekannt werden, „für den Geldgeber wie auch für den Empfänger kaum übersehbare Folgen haben“; sie dürfe deshalb allenfalls „unter schärfster Abschirmung der Übermittlungswege“ erfolgen.[5] Tatsächlich findet sich auf dem Dokument der Vermerk: „Abgelehnt [wegen, d. Red.] Nichteinmischung“. Allerdings deutet alles darauf hin, dass die gewünschte Unterstützung geleistet wurde. So berichtete der damalige BND-Präsident Gerhard Wessel am 21. Juni 1968 vor dem Vertrauensgremium des Bundestages, die „Verbindungen zum indonesischen strategischen ND“ (Nachrichtendienst) hätten die „Unterstützung (Berater, Geräte, Geld) des indonesischen ND und militärischer Sonderorgane“ durch bundesdeutsche Stellen ermöglicht – „bei Zerschlagung der KPI (und Entmachtung Sukarnos – Steuerung und Unterstützung von Demonstrationen)“ (german-foreign-policy.com berichtete [6]).
Sondermittel
Nicht belegt ist, wie die von Wessel bestätigte „Unterstützung“ vereinbart und abgewickelt wurde. Zuweilen ist darauf hingewiesen worden, dass zweieinhalb Wochen nach Eingang der Bitte, am 26. November 1965, der indonesische Brigadegeneral Achmed Sukendro in Bonn empfangen wurde – vom damaligen Staatssekretär im Auswärtigen Amt und späteren Bundespräsidenten Karl Carstens. Sukendro, Chef des indonesischen Heeresnachrichtendienstes, galt als zentraler Verbindungsmann zwischen den indonesischen Generälen und der CIA sowie weiteren westlichen Geheimdiensten. Auch deutsche Stellen hielten große Stücke auf ihn; bei ihm handle sich, urteilte etwa der damalige Botschafter Bonns in Jakarta, um „einen der fähigsten und energischsten Antikommunisten“. Der Botschafter teilte Carstens vor dessen Treffen mit Sukendro mit, dieser habe ihm „schon vor Monaten“ berichtet, „die Armee warte nur auf den Vorwand, die Kommunisten zu vernichten“.[7] Bei t-online heißt es nun, Dokumente legten die Vermutung nahe, Carstens könne anlässlich seines Gesprächs mit Sukendro flexible „Sondermittel“ für die indonesischen Generäle freigegeben haben.[8] Dass Carstens damals in verdeckte Waffengeschäfte mit BND-Beteiligung involviert war, ist belegt.[9]
„Mit freundlichem Wohlwollen“
Bonn hat seine Unterstützung für die indonesischen Generäle fortgesetzt – ungeachtet des Massenmords, den indonesische Militärs und diverse Milizen damals verübten. Am 14. Dezember berichtete der deutsche Botschafter in Jakarta in einem Schreiben in die deutsche Hauptstadt, es seien bei Operationen der Streitkräfte sowie bewaffneter Banden mittlerweile mindestens 128.000 Menschen getötet und einige hunderttausend interniert worden. Tatsächlich brachten Militärs und Milizen ab Oktober 1965 mindestens 500.000 Menschen um, die der PKI angehörten bzw. der Mitgliedschaft oder auch nur gewisser Sympathien für die Partei verdächtigt wurden. Manche Schätzungen gehen sogar von bis zu drei Millionen Todesopfern aus. Das Wissen um den Massenmord hielt die Bundesrepublik nicht davon ab, den Putsch auch weiterhin systematisch zu unterstützen. So sprach im Dezember 1965 ein hochrangiger Beamter des indonesischen Außenministeriums in der bundesdeutschen Botschaft in Jakarta vor und bat im Namen der Generäle um Wirtschaftshilfe: „um den anti-kommunistischen Elan des Volkes“ zu fördern, wie es in Dokumenten des Auswärtigen Amts heißt. Der Botschafter habe dem indonesischen Beamten damals versprochen, heißt es bei t-online, „die indonesischen Wünsche mit freundlichem Wohlwollen zu behandeln“.[10]
Blutiger Positionsgewinn
Tatsächlich hat die Bundesrepublik Indonesien unter General Suharto, der im Verlauf des Putschs die Macht in Jakarta übernahm und dort bis 1998 diktatorisch herrschte, auf vielfältige Weise unterstützt, so etwa mit Wirtschaftshilfe, Waffenlieferungen und geheimdienstlicher Kooperation.[11] Die bundesdeutsche Beihilfe zum Massenmord der Jahre 1965 und 1966 hatte die Weichen gestellt für einen wichtigen Positionsgewinn des Westens im südostasiatischen Systemkonflikt.