Einige Schwerpunkte von der Aktionskonferenz in Erfurt:
Die AfD ist Sammelbecken von Neofaschisten und extremen Rechten, dabei geht die Entwicklung in Richtung Stärkung des neofaschistischen „Flügels“. Sie stärkt extrem rechte Akteur*innen im außerparlamentarischen Bereich.
Der rechtsterroristische Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke hat erneut auf dramatische Art und Weise gezeigt, wie rechte Gewalttäter*innen in einem von Hass und Rassismus geprägten politischen Klima agieren, das wesentlich von der AfD geprägt ist. Wir sind der Auffassung, dass wir unsere Anstrengungen verstärken müssen, der AfD und der extremen Rechten etwas entgegenzusetzen. Mit dieser Erklärung wollen wir in die Diskussion einsteigen, wie wir der rechten Gefahr entgegentreten können, und schlagen praktische Schritte für die nächsten Monate vor:
- Am 21.09.2018 erreichte die AfD im Bund im ARD-Deutschlandtrend 18 Prozent und überflügelte als zweitstärkste Partei die SPD. Heute steht die AfD je nach Umfrage bundesweit
zwischen 12 und 13 Prozent. Das ist noch immer viel zu viel, doch die Dynamik nach oben
ist gebrochen. Die AfD ist nicht geschlagen, aber sie ist schlagbar – das ist eine motivierende Perspektive.
2. Die relative Schwächung der AfD ist Resultat der unablässigen politischen Mobilisierung
gegen Rassismus im Allgemeinen und gegen die AfD im Besonderen, die wir seit dem
Sommer 2018 erleben: Viele hunderttausend Menschen sind für die „Seebrücken“ zur Rettung Geflüchteter, als „Wir sind mehr“ gegen die Hetzjagden in Chemnitz, bei unzähligen
kleineren und größeren Mobilisierungen gegen die AfD und schließlich #unteilbar am 13.
Oktober in Berlin auf die Straße gegangen. Es gibt eine neue und lebendige Gegenbewegung
zu der gesellschaftlichen Rechtsentwicklung, deren sichtbarer Ausdruck und zugleich Motor die AfD ist. „Aufstehen gegen Rassismus“ (AgR) war im „Sommer und Herbst des Antirassismus“ elementarer Bestandteil dieser Bewegung und konnte sich entsprechend mit
mehr Kampagnengruppen, mehr Aktiven, mehr Aktionen, mehr Material und mehr
Stammtischkämpfer*innenschulungen im öffentlichen Diskurs verankern. 2019 haben z.B.
die „Fridays for Future“, Frauen*bewegung und Mieter*innenbewegungen die bundesweite Agenda auf ein für die AfD ungünstigeres Terrain verschoben. Auch bei diesen Themen
können und wollen wir deutlich machen, dass die AfD keine Alternative ist.
3. Die AfD steht unter Druck. In der Partei nehmen die Konflikte zu. Auf dem Landesparteitag
in Baden-Württemberg kam es zu heftigen Auseinandersetzungen, in Sachsen-Anhalt hat
der prominente AfD-Rechtsaußen Andre Poggenburg die Partei nach starken Konflikten
verlassen und in Bayern ist Raimund Swoboda Anfang März sowohl aus der AfD-Landtagsfraktion wie auch aus der Partei ausgetreten. Swobodas Austrittserklärung gibt den ent
scheidenden Hinweis, woher, neben dem Druck durch die permanente gesellschaftliche
Mobilisierung, die Konflikte in der AfD rühren: Nämlich von der ungebremsten Radikalisierung der AfD, die sich programmatisch in einem durch und durch völkischen Europawahlprogramm und personell im Vormarsch des nationalsozialen, neofaschistischen Flügels um
Björn Höcke äußerte, der weit über seine Homebase in Thüringen hinaus immer stärker die
Kontrolle auch in den westlichen Landesverbänden übernimmt, äußerte. Auch die erneute
Verschiebung des so genannten „Rentenparteitages“ auf nächstes Jahr offenbart schwerwiegende Konflikte innerhalb der AfD.
4. Das Potenzial für ein breites gesellschaftliches Bündnis gegen die AfD ist vorhanden! Es
speist sich v.a. aus den Teilen der Gesellschaft, für die vor dem Hintergrund des deutschen
Faschismus eine antifaschistische Haltung Grundlage ihres Handelns ist: Das umfasst zum
Beispiel Verfolgtenorganisationen, Gewerkschaften, zivilgesellschaftliche Netzwerke wie
Attac und Parteien wie Grüne, SPD und Die LINKE, Organisationen der migrantischen
Selbstorganisation, jüdische, muslimische und christliche Religionsgemeinschaften, Bündnisse für sexuelle Selbstbestimmung, Sozialverbände, Künstler*innenvereinigungen, und
auch Schüler*innen und Studierendenvertretungen. Voraussetzung für eine breite Mobilisierung aus den genannten Spektren ist, dass sie die Gefahr, die von der AfD für eine solidarische und inklusive Gesellschaft ausgeht, erkennen und, dass die AfD nicht einfach als
eine besonders rechte Partei innerhalb des politischen Spektrums abgehakt wird. Es muss
ausgesprochen werden, was die AfD tatsächlich ist: Ein Sammelbecken für Nationalkonservative und Neofaschist*innen.
5. Mitte 2019 befinden wir uns in der erfreulichen Situation, dass #unteilbar antirassistische
Mobilisierung mit der positiven Vision einer solidarischen Gesellschaft verbinden kann. Wir
beteiligen uns an diesem Bündnis, weil hier die verschiedenen Stränge des Widerstandes
gegen den Rechtsruck zusammenkommen. AgR leistet dabei einen spezifischen Beitrag,
nämlich die Zuspitzung auf die Gefahr durch die AfD als organisatorischem Träger rassistischer und völkischer Ideologie und organisatorischem Sammelpunkt der verschiedenen
Stränge des deutschen Rechtsextremismus. Standen wir bei Gründung von AgR mit der
Aussage „Wer AfD wählt, wählt Nazis“ noch ziemlich allein da, wendet sich jetzt das Blatt.
6. Unsere Kampagne ist weiterhin notwendig, denn das Bild ist mitnichten das einer flächendeckenden Schwächung der AfD: Bei den Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und
Thüringen zeichnet sich ein dramatischer Durchbruch für die AfD in Ostdeutschland ab. Die
Folge einer drohenden Regierungsbeteiligung der AfD wäre, dass gesellschaftlich progressive Kräfte sich nicht nur den außerhalb der Staatsorgane stattfindenden rechten Mobilisierungen und rechter Hetze gegenüber sehen, sondern zugleich mit zunehmenden Verfolgungsdruck durch die stärker von rechts kontrollierten staatlichen Sicherheitsorgane umgehen müssen. Nicht nur die Normalisierung in der Gesellschaft, sondern gerade die tatsächliche Etablierung und Festsetzung in der Legislative und Exekutive des Staates gehören durchaus zur Strategie der AfD: Die AfD schickt sich an, in Ostdeutschland tatsächlich politische Machtpositionen zu besetzen. Wir sehen mit Sorge, wie die derzeit herrschende Parteien mit der Asylrechtsverschärfung und anderen Maßnahmen versuchen, Wähler*innen der AfD durch Übernahme von deren Positionen an sich zu binden oder sich gar Koalitionen mit der AfD zu öffnen. Wir kritisieren, wenn Parteien sich weiter nach rechts öffne und bzw. antirassistische Positionen marginalisieren: Wer die AfD kopiert, schwächt sie nicht, sondern macht sie stark.
7. Die Herausforderung durch den möglichen Durchbruch der AfD im Osten bei gleichzeitiger
Existenz einer motivierten, jungen, vitalen antifaschistischen und antirassistischen Bewegung bundesweit bestimmt den strategischen Rahmen, in dem sich AgR in den Monaten
nach dieser Aktivenkonferenz bewegen wird. Wir schlagen folgendes Vorgehen von AgR in
den kommenden Monaten vor:
• Wir unterstützen antifaschistische und antirassistische Akteur*innen in den Wahlkämpfen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg und
• wir rufen zur bundesweiten Demonstration in Dresden am 24. August auf.
• Wir setzen unsere Mobilisierung gegen Auftritte der AfD fort.
• Wir weiten die Stammtischkämpfer*innen-Seminare aus.
• Wir vertiefen unsere Arbeit mit Gewerkschaften, in Schulen und Hochschulen, und wir
arbeiten an der Vernetzung von Akteur*innen in den verschiedenen Bereichen. Dazu
gehören besonders von Rassismus Betroffene und andere von der AfD angegriffene
Gruppen und Initiativen.
• Wir setzen die Vernetzung mit internationalen Akteur*innen fort.
• Wir erklären uns solidarisch mit Carola Rackete. Die Kapitänin der Sea Watch 3, hat
sich Italiens Innenminister Salvini widersetzt und mit 40 geretteten Flüchtlingen in
Lampedusa angelegt. Wir fordern ihre sofortige Freilassung. Seenotrettung ist kein
Verbrechen.
Quelle: Originaltext von https://www.aufstehen-gegen-rassismus.de/aktuelles/report-back-aktivenkonferenz2019/